Dienstag, 28. August 2012

DVD: Memphis


Kaufen? Ja, unbedingt. – Warum? Kommt jetzt:
Memphis (2010 ausgezeichnet mit  4 Tony Awards) ist – für mich – eines der besten Musicals der letzten Jahre und das stand schon fest als ich zum ersten Mal die CD aufgelegt habe. Was einem da entgegendröhnt ist Spirit, Leidenschaft, Gefühl und vor allem „music of  the soul“. Man schwingt mit, schnippt mit, groovt mit, will einfach nur mittanzen und mitsingen und am besten ASAP die Show live erleben, um dieses Allround-Feeling ganz in sich aufzunehmen.

Leider spielt sich das dann aber doch nicht immer und man sitzt nicht im nächsten Flieger nach New York. So wartet man also auf eine Gelegenheit das Musical vielleicht demnächst in London zu sehen…doch dann kommt doch alles ein wenig anders als gedacht und die Produzenten entscheiden sich schon vorher für eine DVD-Veröffentlichung von „Memphis“. Ein eher ungewöhnlicher Schritt aber ein großer.
Man mag zu Theater „auf Band“ stehen wie man möchte – es ist einfach nicht möglich einen Theaterabend auf DVD zu pressen, das fängt von den Vibes des Publikums an und hört bei der Verbindung zwischen Darsteller und Zuschauer auf. Es ist nicht dasselbe, aber es kann ab und zu doch gelingen einiges festzuhalten, ohne dass es verloren geht.

Gerade bei „Memphis“ denkt man, es sei unmöglich diesen „Spirit“ der Show irgendwie und irgendwo festzumachen, doch es funktioniert auf wundersame Weise doch, denn obwohl ich die Show noch nicht live erlebt habe, hat mich die Aufzeichnung mitgerissen als würde ich im Publikum gesessen – man lacht, denn die Pointen kommen spritzig daher – nicht aufgelegt oder erwartet – im nächsten Moment weint man Tränen  der Rührung oder vor Traurigkeit oder lässt sich einfach nur von der Musik, dem Rhythm and Blues, „beseelen“.
Die Musiknummern sind meistens diegetisch, übernehmen aber oft  eine doppelte Funktion, in dem sie die Handlung vorantreiben oder Gefühle verstärken. Die Story spinnt ihren Weg immer fort, bleibt mitreißend und ergreifend, auch wenn dazwischen plötzlich abgebrochen wird und es woanders weitergeht – sowohl vom Buch (Joe DiPietro), als auch von Regie (Christopher Ashley) und Bühnentechnik genial gelöst.  

Gleich zu Beginn wird man mit dem Protagonisten Huey Calhoun (grandios: Chad Kimball) vertraut gemacht, einen Knallkopf der Sonderklasse, den man zunächst gar nicht einschätzen kann. Ist sein „Gehabe“ aufgesetzt oder ist es doch echt? Man lässt sich also darauf ein, um nach kurzer Zeit festzustellen: ja, der ist wirklich so verrückt - knausrig, genial, furchtlos, mutig, naiv – rundum „anders“.
Huey und seiner Leidenschaft – der „race“-Musik – folgt man durch Höhen und Tiefen, vom Beginn bis zum Bruch seiner Karriere, durch Black-and-White Thematiken, Alkohol- und Beziehungsprobleme und vieles andere.  Themen, die nicht nur im Memphis der 50ern vertreten sind, sondern die teilweise aktueller nicht sein könnten. Keine der angesprochenen Thematiken – sei es nun im Text oder Subtext – drängt sich auf, sondern ergibt sich einfach. Keine wird bis zum „Gehtnichtmehr“ ausgeschlachtet, sondern meist nur so viel von ihr gezeigt, dass der Zuschauer versteht und fühlt, vieles jedoch ihm selbst überlassen bleibt – ein herrliches Spiel und eine Methode die ins Mark fährt.

Dazwischen gibt es einige krasse Zeitsprünge, die die Story vorantreiben. Die Szenen gehen jedoch so smooth ineinander über, dass die Brüche keinerlei Probleme machen und man immer mitkommt und leicht folgen kann – alles bleibt nachvollziehbar.
„Memphis“ ist ein Gesamtkunstwerk, aber auch ein Musical aus „Momenten“. Momente, die einen nicht mehr loslassen, die einen so mitnehmen, dass man auch nachher noch an sie denkt. Wenn z.B. Gator  (Derrick Baskin), ein stummer Kellner, plötzlich wieder zu sprechen (und singen) beginnt, wenn Huey sich zum ersten Mal als Entertainer profiliert und damit den Vogel abschießt, wenn Huey und Felicia (einfach nur großartig: Montego Glover) sich verlieben, sie auseinanderdriften und sich schließlich wiedersehen…so vieles geht tief und bleibt als emotionale Erinnerung lange erhalten.

Es ist eine „reife“ Geschichte, die kein nullachtfünfzehn Happy End nötig hat – das Gewöhnliche lässt man hinter sich, denn es geht hier mehr als um eine klassische „Romeo und Julia“-Storyline. Es ist eine Love-Story mit der Musik, mit seiner Heimat und mit dem Leben.
Um es mit den Worten des “Memphis”-Komponisten, David Bryan (Bon Jovi), zu sagen:  “It celebrates what brings us together as people not what separates us.”


Special Features:
-          Who’s Who

-          Behind The Scenes: How Memphis Was Captured

Running Time: ca. 131 Minuten

Memphis DVD zu bestellen u.a. bei:
-          Dresscircle
-          Sound of Music
 



Links:

*Photo by Joan Marcus via



Sonntag, 12. August 2012

Titanic - Felsenbühne Staatz


Mein neues Lieblingsmusical ist „Titanic“ nicht. Die CD habe ich schon etwas länger im Regal stehen, aber wirklich oft gehört habe ich sie nicht – irgendwie greift da bei mir wenig. Die großen Ensemblenummern sind toll, wiederholen sich aber, die Schnulzsongs dazwischen, teilweise viel zu kitschig. Wie dieses Musical 1997 fünf Tony Awards (u.a. Best Musical) gewinnen konnte bleibt mir ein Rätsel!

Dennoch bin ich froh, dass ich diesen Sommer die Möglichkeit hatte „Titanic“ live in Staatz zu sehen. Das Bühnenbild ist imposant und die Felsenbühne ideal für den Schauplatz des Stücks. Sogar einen „realen“ Eisberg sieht man da vor sich.
Genau hundert Jahre nach dem schrecklichen Unglück der „unsinkbaren Stadt auf dem Meer“ ist die Geschichte immer noch tragisch und aktuell – das klar zu machen, schafft das Musical allerdings. Viel mehr nicht, aber vielleicht war genau das die einzige Intention.

Tiefgang sucht man vergebens, keiner der Charaktere hat die Chance wirklich hervorzutreten, „mehrdimensional“ zu werden. Nur die „Titanic“ selbst ist wirklicher Protagonist - sie ist Schauplatz, Hauptdarstellerin, Zentrum.
In Staatz setzt man wie eh und je auf junge Musicalstudenten und –absolventen. Hier kann man sehen, was die Zukunft bringt. In diesem Musical ist das aber leider etwas schwer, denn die Figuren lassen nicht viel Raum, allerdings müssen einige Herausforderungen bewältigt werden:  

-       Was die Menschen in diesem Musical angeht, kommt leider vieles zu kurz. Als Darsteller muss ich mit dem Wenigen arbeiten, das mir hier zur Verfügung steht und meinen Charakter in wenigen Worten, Gesten, etc. bestmöglich herausarbeiten

-        Dann kommt der Faktor der Freilichtbühne hinzu, die Zuschauer sind alle weit weg. Mimik und Ausdruck in Augen etc. hat also wenig bis keine Wirkung – heißt: ich muss alles über meine Stimme und die Bewegung erzählen.
Einige meistern diese Herausforderungen, werden aber trotzdem immer wieder vom Stück erdrückt – ich empfinde es jedenfalls so. Mir fehlt der Raum für die Charaktere, mir fehlen die Menschen. Vielleicht ist es aber einfach nur nicht „my kind of musical“.

Die Tragödie wird erzählt, dazwischen erfährt man etwas über die unterschiedlichen Passagiere der Titanic, gerade so viel um am Ende betroffen zu sein. Das gelingt auch in Staatz. Die Stage- und Toneffekte sind perfekt eingesetzt, um den Untergang des Schiffs direkt vor sich miterleben zu können. Am Ende: Lichterkreuze für die Opfer – ein wunderschönes Bild.
Wenn man sich wenigstens mehr auf die paar Charaktere konzentriert hätte, die am „zuänglichsten“ erscheinen, weil man sich mit ihnen identifizieren könnte. Ob dann die meisten anderen nur „angeschnitten“ werden, wäre dann wahrscheinlich egal. Gerade Offizier Murdoch, Funker Bride, Heizer Barrett und dritte Klasse Passagier Kate (u.a.) hätten etwas mehr „Ausarbeitung“ vertragen – das sind (für mich) die Charaktere, die mich noch mehr in die Geschichte ziehen würden.

Johannes Nepomuk, Oliver Liebl, Philipp Büttner und Caroline Zins schaffen es jedoch diese Charaktere zum Leben zu erwecken, und zwar so, dass man gerne mehr von ihnen erfahren würde – doch leider steht ihnen da das Stück selbst im Weg.
Die Lacher hat Tanja Petrasek auf ihrer Seite. Als Alice Beane, Passagierin der 2. Klasse, die sich gern unter die Reichen und Schönen mischt, oder diese zumindest mit einem Fernglas leidenschaftlich gerne beobachtet. Mit ihrem „gschaftigen“ Gang und ihrer Körpersprache positioniert sie ihre Figur gleich von Anfang an perfekt. Rupert Preißler steht ihr als Ehemann Edgar zur Seite und auch er vermag es seinen Charakter bestmöglich darzustellen. Man kauft ihm ab, dass er seine Frau sehr liebt – auch wenn sie unglaublich anstrengend ist und ihm sicher oft auf die Nerven geht. Beide harmonieren sehr gut miteinander, es ist eine Freude ihnen zuzusehen!

Michael Konicek, Manuel Heuser, Philipp Dürnberger, Steven Klopp, Alixa Kalaß, Angelina Nigischer-Traxler und Nico Schweers spielen ebenfalls mit Pathos, stoßen aber immer wieder an die Grenzen des Stücks, das einfach nicht mehr zulässt.
Auch Werner Auer als Schiffsarchitekt Andrews und C.A. Fath als Kapitän machen sich ebenfalls gut in ihren Rollen, beide sind sehr präsent.

Was leider das Gesamtbild stört – wenn man jetzt ins Detail geht: der aufgemalte six pack von Barrett (wenn schon gemalt, dann etwas naturalistischer bitte!), die Perücken der irischen Frauen – Caroline Zins, Alexandra Kloiber und Karolin Konert mussten mit roten Perücken herumlaufen, die einfach nur „aufgesetzt" und falsch wirken (nicht alle Iren haben rote Haare, da hätte man ruhig die Darstellerinnen mit ihrer natürlichen Haarpracht spielen lassen sollen) und die „schwangere“ 1. Klasse-Passagierin, die Champagner ohne Ende säuft und das Tanzbein in die Lüfte schwingt – wenn das bewusst so inszeniert wurde, kommt der Joke nicht bei mir an (da hätte mir die gezwungenermaßen trockene, beim Tanzen einfach nicht mehr mitkommende Schwangere besser gefallen – auch das kann man lustig in Szene setzen…).
Gestern war Derniere in Staatz und auch sicher wieder bis auf den letzten Platz ausverkauft. Nächstes Jahr ist „Disney’s Die Schöne und das Biest“ dran und ich freue mich darauf!

Nächsten Dienstag gibt es übrigens eine Musical-Gala auf der Felsenbühne. „Musical unter Sternen“, am 14. August, um 20 Uhr. Tickets kosten 27 Euro. Infos HIER.
*Photo by Harald Schillhammer via
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