Dienstag, 22. Oktober 2013

London Diaries: Pasek & Paul LIVE at the Hippodrome

Pasek & Paul LIVE? Kurz: Eines der besten Musical-Konzerte, die ich je erlebt habe. Das NYer Songschreiber-Duo, das letztes Jahr für seine erste Broadway Show „A Christmas Story“ für seinen ersten Tony nominiert wurde, ist momentan auf Europa-Tournee. Oslo, Paris, London,…und WIEN! Als ich erfahren habe, dass die beiden in meine Heimatstadt kommen und ich nicht da bin, habe ich mich unglaublich geärgert. Da muss man erst einmal wegziehen, bevor sich musical-mäßig so richtig etwas tut. Das Glück war allerdings dann doch auf meiner Seite und ich konnte Benj Pasek und Justin Paul gestern live im Hippodrome Casino erleben.

Ja, es ist „ERLEBEN“. Die beiden kommen auf die Bühne und die Verbindung zum Publikum ist sofort da. Sie lassen sie keinen Augenblick los, sondern kommunizieren mit Energie, Leidenschaft und einer enormen Portion Talent. Sie präsentieren ihre Songs mit so viel Hingabe und Emotion, dass es einen nicht mehr loslässt. Es fesselt und berührt. Wenn Benj Pasek sich in sein Solo hineinkniet (u.a. "Along the way" aus "Edges"), dass es kein Morgen gibt, aber es gleichzeitig so „klein“ daherkommt, weil es dem Gefühl des Songs entspricht, dann ist das ebenso besonders, wie wenn Justin Paul mit einstimmt, um gemeinsam als Heuschrecke und Marienkäfer (aus dem Musical „James and the Giant Peach“) über Verlust und Trauer zu singen oder über die Hoffnung, die einen weitertreiben lässt, auf dem Fluss des Lebens. Es sind Songs, die auf allen Ebenen funktionieren. So fein gesponnen, Musik und Lyrics wunderbar ineinander gewoben. Und was für Texte. Witzig, gefühlvoll, genial! Das kann man nicht beschreiben, das muss man hören.

Special Guests waren an diesem gestrigen Abend Oliver Tompsett, der mit „Do you remember?“ als Peter Pan den ganzen Saal in seinen Bann gezogen hat, aus Paris kam X-Factor-Teilnehmerin und Musicaldarstellerin Sarah Manesse, die gemeinsam mit Benj Pasek „First Date/Last Night“ aus dem Off-Broadway Musical „Dogfight“ performt hat (ein tolles Duett) und Lauren Varnham, die „Perfect“ aus „Edges“ zum Besten gegeben hat. Tja, und dann war da noch Willemijn Verkaik. Was gibt es da zu sagen. Sie wird zu Recht als Darstellerin um die Welt gereicht, von einer „Wicked“-Produktion zur nächsten (bald im West End). Wie sie sich innerhalb weniger Momente in die Situation des Charakters versetzt und so tief in sich hineingräbt, um von dort alles Notwenige für diesen einen Song herauszuholen, ist unglaublich. Vor allem „Pretty Funny“ (Dogfight) ist dadurch nahe gegangen als würde man sich selbst in der Situation befinden, Tränen inklusive. Auch „Caught in the Storm“ aus der Musical-TV-Serie „Smash“, für deren 2. Staffel Pasek & Paul ein paar Songs geschrieben haben, hatte es in sich. Verkaik war es auch, die das Konzert beschließen durfte, mit Publikum als Background-Chor. „Ready to be loved“ war ein wunderbarer Abschluss dieses fantastischen Konzertes. Doch meine Worte reichen nicht aus, um all das zu beschreiben, also:

1. Resttickets für das Pasek & Paul Konzert in Wien ergattern! Die neue Initiative zur Förderung des „Off“-Musicals in Österreich "OFFstage" hat dieses Konzert möglich gemacht. Großartig.

2. Einfach selbst hineinhören und -schauen. Und zwar u.a. hier.

Ein kurzes Gespräch nach dem Konzert hat es bestätigt: Die beiden sind ebenso sympathisch wie sie auf der Bühne wirken. Ihre Offenheit, ihre Freundlichkeit und auch ihre Dankbarkeit sind nicht nur in den Anekdoten während des Konzertes spürbar, sondern auch im persönlichen Kontakt. Sie begrüßen einen als würde man sich schon ewig kennen, bedanken sich fürs Kommen und entlassen einen mit einer Umarmung oder einem „High Five“. Lustige, überaus nette Zeitgenossen, diese beiden. Pasek & Paul – wer das Wien-Konzert verpasst ist selbst schuld!!

LINKS:

- Tickets für das Wien Konzert auf der Probebühne im Ronacher am 28. Oktober, HIER
- OFFstage Intitiative
- Pasek and Paul Homepage
- Highlights auf YouTube

Montag, 21. Oktober 2013

London Diaries: The Light Princess – National Theatre


Das National Theatre macht in den letzten Wochen viel von sich reden. Es feiert nicht nur sein 50-jähriges Bestehen mit einer Menge an Veranstaltungen – spannenden Theatre Talks oder Gesprächsrunden über die Zukunft des Theaters -, sondern hat auch dieser Tage einen neuen Künstlerischen Leiter ernannt, Rufus Norris. Wenn das nicht schon genug News wäre, feierte das Theater kürzlich auch die Premiere eines neuen Musicals. Sechs Jahre Arbeit des Creative Teams stecken in „The Light Princess“. Eine Märchenadaption von Samuel Adamson mit Musik von Tori Amos. Die Plakate hängen in der ganzen Stadt, die schwebende Prinzessin leuchtet einem immer wieder direkt ins Auge. Das Grafikdesign ist so bezaubernd, dass es mich förmlich ins Theater gezogen hat. Und beim Design (Rae Smith) bleibt es auch beim Musical.
Wenn man beeindruckendes Design-Spektakel, verzaubernde Bühnenbilder, Puppenspieldetails und wundersame Umsetzung von magischen Effekten sehen möchte, dann ist man an der richtigen Adresse. Erwartet man jedoch ein Musical mit Geschichte und Musik, die bewegen, unterhalten oder zumindest irgendwie tangieren, wird man höchstwahrscheinlich enttäuscht werden. Meine Erwartungen waren ziemlich neutral. Vorab habe ich Negatives und Positives gehört und gelesen und als Zuhörerin eines Theatre Talks mit Regisseurin Marianne Elliott (War Horse, The Curious Incident of the Dog in the Night-Time) erfahren, dass die Produktion jene in ihrer Karriere ist, auf die sie am meisten stolz ist. Letzteres große Worte, die meine Neugierde noch verstärkt haben.

Ein Musical muss nicht unbedingt „hummable“ sein, es muss keine Ohrwürmer enthalten, aber die Musik muss zumindest irgendeinen Reiz haben. Tori Amos, so leid es mir tut, hat in „The Light Princess“ leider grundliegend versagt. Da ist nicht viel da, nach einer gewissen Zeit hört sich alles gleich an, die Musik klingt bald nur noch langweilig. Dialogpassagen gibt es kaum, das Stück ist fast ganz „sung-through“, wogegen eigentlich nichts einzuwenden wäre, wenn eben alles andere stimmen würde. Die Songs bringen die dramatische Handlung, sofern es überhaupt eine gibt, nicht weiter und haben auch sonst nichts zu sagen. Das Buch von Samuel Adamson, der das schottische Märchen von George MacDonald für die Bühne adaptiert hat, stellt sich ebenso ungeschickt an. Sechs Jahre wurde an diesem Stück gearbeitet? Kaum vorstellbar. Die dürftige Story lässt sich in weniger als fünf Minuten erzählen: Die „leichte“ Prinzessin Althea hat sich nach dem Tod ihrer Mutter dafür entschieden, einfach für immer durch den Raum zu schweben und sich weder von Tränen noch von irgendeiner anderen Form von Trauer davon abhalten zu lassen. Die Verdrängung lässt sie schweben. Sie trifft auf den Prinzen des verfeindeten Nachbarlandes, Digby, und beide verlieben sich.  Sie wird schwanger und am Ende wird alles gut und die Familien versöhnen sich. Dazwischen gibt es noch eine nette Hofdame und einen komischen Vogel, sowie den Bruder des Prinzen und die beiden Könige. Das Konfliktpotential und damit die Dramatik streben gegen Null. Langeweile. Wirklich sympathisch ist die Prinzessin einen nämlich auch nicht. Sie nervt mit ihrem „Herumgeschwebe“, ihrer Ignoranz. Natürlich kann man sich jetzt in die Tiefe stürzten und irgendwo einen Sinn des Ganzen suchen, aber warum? Vielleicht gibt es auch keinen. Enttäuschend und schade um das viele Geld, das in diese Produktion geflossen ist. Denn auch die Schauspieler haben absolut keine Möglichkeit irgendwie zu berühren, da springt leider kein Funke über. Die Musik wirkt in manchen Momenten einfach nur störend und nimmt potentielle Momente der „Verbindung“ zum Publikum einfach weg. Ja, sie beraubt anstatt genau diese „Verbindung“ auf musikalischer Ebene herzustellen oder zu verstärken. Beim Verlassen des Theatersaales dreht sich mein Sitznachbar zu mir um und meint: „Clever!?“. Clever, aber nur was das Design und die Umsetzung der „Special Effects“ betrifft…
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