Samstag, 8. September 2012

Gustav Klimt - Das Musical im Künstlerhaus


„Klimt“ gefällt. Es ist ein rundes und durch und durch österreichisches Musical, das einen schönen Theaterabend beschert. Jegliche Befürchtungen es könnte so „schlimm“ wie bei „Egon Schiele - Das Musical“ werden, habe ich schon nach den ersten Minuten verworfen, denn was „Schiele“ nicht hatte, ist ein Schauspieler, der es schafft das Stück zu tragen und die Rolle des Protagonisten auszufüllen. André Bauer spielt Gustav Klimt so wie man ihn sich vorstellt, wenn man sich ein wenig mit dieser Person auseinandergesetzt hat. Hier lässt ihm auch das gelungene Buch nicht im Stich, das Klimt als Künstler mit vielen Facetten porträtiert.

Gustav Klimt wirkt trotz seiner „Weiberg’schichten“ und seinen egomanischen Tendenzen (wer nennt mehrere seiner Söhne - von verschiedenen Frauen -  nach einem selbst?) nie unsympathisch, im Gegenteil, denn André Bauer versteht es Balance zu halten und Klimt als Mensch mit Fehlern, mit Höhen und Tiefen, darzustellen. Bauer verliert nie an Präsenz und trägt das Stück bis zum Schluss.
An seiner Seite spielt Sabine Neibersch die Emilie Flöge. Beiden gelingt es hier eine Beziehung aufzubauen, die nicht nur an der Oberfläche kratzt, sondern wesentlich tiefer geht. So tief wie die Verbindung von Gustav und Emilie wohl gewesen sein muss. Vielleicht sogar eine Seelenverwandtschaft, die viel stärker war als jede sexuelle Begierde, die Klimt bei anderen Frauen ausgelebt hat.

Neibersch performt mit viel Elan und auch sie ist Sympathieträgerin. Dazwischen steht Klimts „Genius“. Eine Figur, die man nicht ganz einordnen kann, aber vielleicht ist genau das die Intention. Ist sie die Leidenschaft? Also nicht nur die Kunst, das Genie, sondern auch die Erotik? Hier hat der Zuschauer die Möglichkeit seine eigene Interpretation zu finden – warum auch nicht? Es muss einem ja nicht immer alles aufs Auge gedrückt werden. Linda Geider macht ihre Sache als Genius jedenfalls großartig. Sie zieht nicht nur Klimt in ihren Bann.
Auch das übrige Ensemble muss erwähnt werden, denn die Gesamtleistung in „Gustav Klimt – Das Musical“ ist überaus gut und sehr harmonisch. Alle Darsteller bringen Leben in ihre Rollen – das merkt man u.a. an ausgefeilter Mimik und Körpersprache. Jeder scheint mit Begeisterung bei der Sache zu sein und das ist schön zu sehen.

Lucius Wolter versteht es Franz Matsch vom Freund bis zum Neider gekonnt zu interpretieren, Regina Mallinger und Anna Carina Buchegger begeistern mit Stimme, Gefühl und Ausstrahlung. Georg Prohazka wirkt wie ein geborener Comedian und spielt Klimts Bruder Ernst mit viel Charme. Harald Tauber spricht und singt mit herrlichem Dialekt und gibt einen alten Tattergreis mit Leib und Seele. Nicholas Boris Christahl und Markus Hareter spielen mit Esprit und sorgen für komische Momente. Und auch Bettina Soriat, Daniela Lehner und Dennis Kozeluh geben in ihren Rollen ihr Bestes. Es ist ein Ensemble, das in seiner Gesamtheit besticht und das Musical erst zu dem macht, was es sein kann.
Hie und da gibt es (noch) Schnitzer: ab und zu klingt ein Lied wie ein schlechter Schlager, was aber weniger an der Musik als an den oft einfallslosen Lyrics liegt, und ein, zwei Songs hätte man einfach weglassen können, ganz einfach weil man sie nicht braucht (z.B. „Wir können es besser“). Die Musik von Gerald Gratzer kann sich aber hören lassen – es finden sich einige schöne Nummern, wie z.B. „So zu lieben“, „Oben ganz oben“ (abgesehen von deren Inszenierung) und „Nur bei dir“. Das Buch (Sissi Gruber, Birgit Nawrata, Niki Neuspiel) ist gelungen, auch wenn es etwas zu lang ist und die letzten Jahre nur mehr im wirren Zeitraffer vorbeiziehen. Das Ende wurde genau getroffen, der „Kuss“ – einfach, knapp und emotional. Die Dialoge wirken längst nicht so steif und unwirklich wie in „Schiele“, sondern funktionieren meistens hervorragend. Der wienerische Touch in der Sprache der Darsteller wirkt nicht aufgesetzt, eher authentisch, und liegt angenehm im Ohr. Beeindruckend sind auch die Videoprojektionen (Norbert Wuchte) und die kreativen Kostüme (Uschi Heinzl), vor allem von Emilie Flöge und Genius.

Dean Welterlen hat diesmal ein Händchen für Regie beweisen können, die Choreografie von Cedric Lee Bradley ist zwar nicht mehr als nett, findet aber im „Genius“ ihre Entfaltungsmöglichkeit.
Alles in allem ein schönes Werk, das sich sehen lassen kann. Es ist ein österreichisches Musical mit Potential und schon alleine das gehört gewürdigt und unterstützt. Bis 7. Oktober wird noch das Künstlerhaus – der ideale Ort für ein Musical wie dieses – mit „Gustav Klimt – Das Musical“ bespielt, also: hingehen und anschauen. Wo kann man sich sonst einen Teil von Klimts Geschichte auf so vergnügliche Art und Weise aneignen? Zum Klimt Jubiläum fast schon Pflichterfüllung.

Links:

*Photo Copyright Newplay Entertainment via

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...