Donnerstag, 21. April 2011

Jesus Christ Superstar - Ronacher

Eine Tradition. Kein Ostern ohne Jesus Christ Superstar. Für mich jedenfalls ist es nicht richtig Ostern, habe ich nicht einmal JCS gehört oder gesehen. Ich brauche es fast, um einen Moment inne zu halten und mich auf die Geschichte von Jesus zu besinnen.

Heute hat es mich also ins Ronacher gezogen, um die Geschichte in mich aufzunehmen und in mir "Ostern" werden zu lassen. Die konzertante Aufführung dieses Musicals ist mittlerweile auch Tradition der VBW, und zwar eine gute! Die Besetzung wechselt zwar von Jahr zu Jahr, aber ansonsten gibt es nicht viele Veränderungen.
Was gibt es also zu der diesjährigen Inszenierung (Dennis Kozeluh, Staging: Jerôme Knols) zu sagen? Ich kann gar nicht anders, als mit Drew Sarich zu beginnen. Lobeshymnen auf ihn singe ich nur allzu gerne und dieser Darsteller gibt mir auch immer einen Grund dafür. Seit ich ihn als Jesus Christ gesehen habe, gibt es keinen anderen mehr, der diese Rolle spielen kann. Er hat die Rolle so in sich, dass ich mir keinen anderen als Jesus vorstellen möchte. Sarich beherrscht seine Stimme - und was für eine! - wie kein anderer. Alle Töne sitzen, doch er geht noch darüber hinaus. Er füllt Jesus mit unzähligen Elementen aus und präsentiert ihn mit allen Facetten, die diesen Menschen ausmachen. Sarich ist Jesus Christ, ist Mensch mit Gefühlen. Zweifel, Ängsten, Wut, Gutmütigkeit, Liebe, Sanftheit, Aggression - alles ist da. Zum Greifen nah. Drew Sarich greift nahezu in unser Herz und berührt es direkt an der Stelle, wo wir am meisten wir sind - mit unseren Gefühlen, Zweifeln, Ängsten. Mir kommen bei "Gethsemane" immer die Tränen - es ist ein Song der mir die Luft wegschnürt. Obwohl ich kein großer Andrew Lloyd Webber Fan bin, beweist der Song immer wieder zu welchen Kompositionen Andrew Lloyd Webber fähig ist. Jesus Christ Superstar ist sein Meisterwerk. Finde ich.

Kommen wir nun zu Judas. Judas ist ein schwieriger Fall. Er ist ein komplizierter Charakter, doch vor allem ein Mensch, der enttäuscht wird. Judas ist ein guter Mensch, aber einer der nicht mehr weiter weiß, nicht mehr verstehen kann und die Grenze überschreitet, weil er glaubt richtig zu handeln. Er ist Spannung zwischen Gegensätzen, befindet sich dauernd im Zwiespalt - eine sehr herausfordernde Rolle, die viele Möglichkeiten offen lässt. Idealbesetzung der letzten Jahre war für mich klar Serkan Kaya. Kaya hat Judas genau "erwischt" und ihn nicht nur glaubwürdig, sondern auch sympathisch und ehrlich dargestellt. Dieses Jahr ist Mischa Mang Judas und tobt sich auf der Bühne aus. Leider etwas zu sehr. Er ist immer "slightly over the top" und beansprucht die Bühne zu sehr für sich. Seine tolle Rockstimme nützt er bis auf das Letzte aus, doch hätte er sie an manchen Stellen eher zurücknehmen sollen. Es war zu viel. Nicht immer war klar, wo er mit "Judas" hinwollte; zu wenig ausgearbeitet schien, was er hier performte. Wie es hätte sein können, konnte man nur kurz bei "Blood Money" erkennen.

Solide wie immer Caroline Vasicek, die "I Don't Know How To Love Him" immer zu seinem kleinen Erlebnis macht. Ihr Stimme ist so voll Liebe und hat einen wunderbar angenehmen Klang, dem man immer lauschen könnte. Schade, dass sie nicht auf der CD-Aufnahme von 2005 zu hören ist. Rob Fowler allerdings ist sowohl auf der CD, als auch jetzt wieder im Ronacher als Simon/ Annas zu hören. Fowler hat es einfach drauf. Auch er gibt alles und überzeugt einmal mehr mit Stimme, Charme und Gesamtperformance.

Überraschung: James Sbano als Herodes und Alexander Di Capri als Pilatus. Während Sbano sich in seiner Muttersprache einmal richtig austoben kann - wirkt gleich viel besser! - beginnt Di Capri zunächst schwach, gibt Pilatus dann aber ungeahnte Nuancen und blüht auf.
Enttäuschend: Norbert Kohler als Petrus. Langweilig und statisch. Schade.

Aus dem Ensemble sind vielleicht noch Gernot Romic und Robert D. Marx hervorzuheben, die mit einer großen Portion Spielfreude ihren Charakteren Leben einhaucht haben.

Dieses Jahr gut umgesetzt wurde auch die Bühnensituation mit dem Orchester on stage (Robert Hirner). Ein Kreuz zieht sich quer über die Bühne, ist immer präsent. Es lässt einen nicht los und zwingt dazu, das Ende im Gedächtnis zu behalten - man kann es aber auch so nicht vergessen. Schön auch die Idee mit dem "Feuer-Kreuz".

Zu bemängeln wären noch die öden Choreographien, die trotz des Platzmangels peppiger ausfallen hätten können. Da wäre noch mehr drinnen gewesen...
Und wie immer: Das Orchester top, aber zu laut. Mang, der eh schon viel schreit, musste noch einen drauf setzen - das war dann zu viel.

Achja, eine Anmerkung gäbe es da noch: Das Premierenpublikum war zwar sehr enthusiastisch, konnte es aber ab und zu gar nicht aushalten mit dem Applaus zu warten. Die Songs waren eindeutig noch nicht zu Ende und es wurde direkt hineingeklatscht, in die berührendstens Momente. Mit so etwas habe ich manchmal ein Problem, aber vielleicht geht das nur mir so...

Alles in allem ca. 90 min (ohne Pause) gute Unterhaltung mit einigen tollen Stimmen. Schon wegen Drew Sarich alleine zahlt es sich aus hinzugehen!

Jesus Christ Superstar (In Concert) ist noch an diesen Terminen zu sehen:

Freitag, 22. April 2011 um 19:30 Uhr
Samstag, 23. April 2011 um 19:30 Uhr
Sonntag, 24. April 2011 um 18:00 Uhr

Links:

- Tickets und Info
- Fotos

3 Kommentare:

  1. Oh Mann, ich freu mich schon so auf morgen! Nach deinem Bericht gleich noch viel mehr. :)
    Was du über Drew, Serkan und Rob geschrieben hast, kann ich aus meiner bisherigen JCS-Erfahrung nur bestätigen und unterschreiben. Auf die anderen bin ich schon sehr gespannt.

    GLG und frohe Ostern, Petra

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  2. Nachdem ich JCS jetzt auch gesehen habe kann ich nur sagen, deine Kritik trifft die Sache auf den Punkt. Sing ruhig weiter Lobeshymnen auf Drew Sarich, der Mann hat es verdient. Unglaublich, was er drauf hat... IMHO hätte man ihm einen anderen Judas zur Seite stellen sollen, der auch darstellerisch mit ihm Schritt halten hätte können. Rob Fowler: top. James Sbano: Überraschend rasant unterwegs, nachdem ich ihn bisher nur als Chagall gesehen hab.

    Am Karfreitag hatte ich Glück: Das Publikum hat nichts verkreischt oder verklatscht. Am Ende gab es einen langen, gänsehautverursachenden Augenblick der Stille...

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  3. Danke dir für den Bericht - ich stimme dir in allen Punkten voll zu.
    Es war wirklich, wirklich sehenswert, allein schon wegen Gethsemane. Drew Sarich vermag es, mich so wegzublasen, dass ich jetzt noch immer total baff bin.
    Leider wurde am Samstag ein paar Mal mitten in die Songs geklatscht... Schade, aber lässt sich wohl nicht ganz verhindern.
    Liebe Grüße, Fabienne

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