Sonntag, 23. Januar 2011

Miss Saigon in Klagenfurt - Ein Trailer

Eine Art „Trailer“ für die neuste Musicalproduktion am Stadttheater Klagenfurt durfte ich mir heute Vormittag anschauen. Im Rahmen einer Matinee wurde Miss Saigon dem Publikum vorgestellt und das gratis. Alles was man dafür machen musste war sich zwei Wochen vorher pünktlich für Karten anzustellen – diesen Part hat man für mich übernommen und so hatte ich die Möglichkeit heute dabei zu sein, um einen ersten Eindruck des Boublil/Schönberg Musicals in Österreich zu bekommen. Es handelt sich nämlich um die österreichische Erstaufführung, die keinesfalls leicht auf die Bühne zu bringen ist, wie u.a. Matthias Davids (Regie) und Heiko Cullmann (Dramaturgie) berichteten. Angefangen von den kleineren Maßstäben, die das Stadttheater u.a. im Gegensatz zum Stuttgarter Apollo Theater, das eigens für den Hubschrauber umgebaut wurde, bis hin zu ewigen Verhandlungen mit Cameron Mackintosh, der alles absegnen muss bevor es passieren darf. So muss jeder einzelne Darsteller, jedes Kostüm von „oben“ freigegeben werden – was Wochen dauern kann und die Planung nicht gerade einfach macht. Wie ein „Phantom“ schwebt Mackintosh über jeder Produktion "seiner" Stücke und erschwert dadurch so manchen Schaffensprozess. Vermurkst werden darf nichts, dafür wird gesorgt. Videos von den Darstellern müssen nach London geschickt werden, die Besetzung steht nicht, wenn nicht Mackintosh eine Auge darauf geworfen hat, und und und.

Die Matinee ist eine Art Vorbereitung auf die Premiere. Man erfährt hier Hintergrundinformationen, von Bühnenbild, über die Arbeit des Musikalischen Leiters bis hin zu den Ideen des Regisseurs. Außerdem werden dem Publikum die Darsteller vorgestellt. Ein erster Eindruck wird vermittelt, auch um den Kartenverkauf anzukurbeln. Ein kluger Schachzug so eine Matinee und auch ein Erlebnis für sich. Der Musikalische Leiter Michael Brandstätter stellte sehr sympathisch eine Reihe von exotischen Instrumenten vor, Hans Kudlich präsentierte ein Modell der Bühne (Flugzeugwrack trifft menschliches Skelett – „alles ein bisschen grauslich“), Magali Gerberon erklärte ein paar Kostüme und Matthias Davids plauderte über seine Arbeit als Regisseur bei Miss Saigon (das er auch schon 2003 in St. Gallen auf die Bühne gebracht hatte). Heiko Cullmann führte in das Stück ein und interviewte. Dazwischen Songbeispiele der Hauptdarsteller mit Klavierbegleitung.

Kun Jing, die 2010 ihr Studium am Konservatorium Wien abgeschlossen hat, spielt Kim – Miss Saigon. Etwas blass wirkt ihr „Ich gäb’ mein Leben her für dich“, lag aber vielleicht auch an der Aufregung. Auch Carsten Lepper, der in Klagenfurt den „Chris“ geben wird, wirkte eher unscheinbar und performte „Mein Gott, Warum?“ gut, aber nicht wirklich überzeugend. Ich war zunächst enttäuscht die beiden Hauptrollen so farblos zu sehen, aber irgendwie wollte es nicht so recht. Ganz anders die drei anderen Hauptdarsteller – Daniel Eriksson (The Engineer), David B. Whitley (John) und Wietske van Tongeren (Ellen).

Eriksson war mir kein Begriff, heute war er der erste Darsteller, der Leben auf die Bühne gebracht hat. Er hat sich sein Mikro geschnappt, war in der Rolle und hat mitreißend und schmierig performt, so wie es die Rolle verlangt. Eine positive Überraschung. Mit viel Energie brachte er Stimmung und man konnte auch ohne Kostüm, Bühnenbild und Handlung, nur durch seine Perfomance sofort in die Story des Songs ("Tja, wer stirbt nicht gern im Bett") hineinfinden.
David B. Whitley trat mit Verstärkung des Herrenensembles mit „Bui-Doi“ auf. Ein gefühls-intensiver Song, dem Whitley Leben und Soul eingehaucht hat. Er hat eine wunderbare Stimme und obwohl es an seiner deutschen Aussprache noch etwas mangelt, hier passt es – er spielt schließlich einen Amerikaner.
Ebenfalls großartig Wietske van Tongeren als Ellen, Chris Ehefrau. Auch sie brachte viel Energie und Spannung mit auf die Bühne. Sie sang voll Gefühl („Ich kam und sah sie“) und hat ihre Geschichte erzählt, war in der Rolle. Den Abschluss bildete „Sonne und Mond“ – hier tauten Chris und Kim ein bisschen auf, so ganz konnten die beiden aber immer noch nicht überzeugen…

So eine Matinee ist etwas Feines und da ich bei der Premiere nicht dabei sein kann und ich noch nicht genau weiß, wann ich wieder nach Klagenfurt komme, war es die beste Möglichkeit einen ersten Eindruck dieser Produktion zu bekommen. Ich bin gespannt, ob sich Lepper und Jing im Stück besser zurechtfinden. Nehme es aber doch an. Mein erster Eindruck der Produktion war sehr gut und ich bin gespannt, wie es letztendlich wird - viel verraten wurde ja doch nicht...

Für Operettenfreunde unter euch: Zurzeit läuft Millöckers „Der Bettelstudent“ unter der Regie von Emmy Werner im Stadttheater Klagenfurt. Daniel Prohaska ist in der Hauptrolle zu sehen und singt und spielt sich die Seele aus dem Leib. Ein wunderbarer Part für ihn und eine gelungene Performance. Auch im Ensemble u.a. Frank Berg, Stefan Bischoff und Florian Claus. Trotz einiger gravierender Abänderungen, die dem Stück allerdings neuen Schwung, ist es eine wunderbare, spritzige Inszenierung mit tollen Darstellern und viel Humor. Besonders auch eine Art „Quodlibet“ gesungen von „Oberst Ollendorf“ mit aktuellen Texten zu Causa Hypo und Wörtherseebühne.

*Image via

LINK:

- Stadttheater Klagenfurt

3 Kommentare:

  1. Danke für diesen Bericht, das war sicher sehr interessant!
    Ich bin diesen Samstag in Klagenfurt, freu mich schon und bin sehr neugierig!
    LG,
    Sonja

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  2. Vielleicht berichtest du dann kurz. Ich habe es noch nicht gesehen und werde es vl auch nicht so bald nach Klagenfurt schaffen...

    Viel Spaß!

    Liebe Grüße,
    Julia

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  3. Hui, sehr spät aber doch bin ich nun wieder hier.
    Miss Saigon war ausgezeichnet, hat mir wirklich gut gefallen.
    Gut gemacht und hatte durchaus nichts kleinstadttheaterliches wie ich das bei Les Mis schon oft gesehen habe.
    Unbedingt ansehen, ich überlege schon, wann ich wieder kann :)

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