Mit „Hello, Dolly!“ ist der Volksoper ein wahrer Erfolg geglückt. Die Inszenierung von Josef E. Köpplinger ist durch und durch gelungen. Alle Elemente fügen sich perfekt zusammen und ergeben ein wundervolles Ganzes, das einem lange in Erinnerung bleiben wird.
Die Handlung dürfte weitläufig bekannt sein, immerhin gibt es da nicht allzu viel. Sie spielt an einem Tag im Jahre 1890. Eine Witwe namens Dolly Levi, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Frau und Mann einander zu vermitteln, plant nun auch für sich eine gute Partie zu finden. Das Opfer hat sie bereits bestimmt. Es ist Horace Vandergelder, ein reicher Kaufmann aus Yonkers, der obwohl er „Narreteien“ (welch wunderbares Wort, oder?) abgeneigt ist, auf der Suche nach einem neuen „Frauchen“ ist. Der Gute weiß noch nichts von seinem Glück und Dolly schmiedet eifrig Pläne wie sie den Fisch unbemerkt an die Angel bekommt. Zwischendurch werden noch eben drei junge Paare zusammengeführt bis zu guter Letzt der verbitterte Fisch anbeißt. Verwirrspiel und eigenartige Verführungsmethoden inklusive. Wie die Ehe der beiden aussehen wird, kann man sich dann selbst ausmalen…
Beginnen wir mit einem Star der Show. Das Bühnenbild. Im Gegensatz zu „Guys and Dolly“ hat Sam Madwar hier alle Register gezogen und ein kleines Wunder hervorgebracht. Die Projektionen unterstützen die Handlung perfekt und fügen sich mit dem Geschehen auf der Bühne gut zusammen, sodass dem Zuschauer ermöglicht wird, sich in das alte New York fallen zu lassen und in die Geschichte einzusteigen. Nostalgie pur. Aufwendig und doch einfach. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Das Bühnenbild hält die Balance und ist zum Teil selbst Darsteller. Wirklich gelungen!
Wie genial auch die Projektion während der Ouvertüre… Portraits der Darsteller, die sich plötzlich bewegen, sich zuzwinkern, winken und erste Emotionen der Charaktere erkennen lassen. Oder auch der Gerichtssaal, mit einem „Lincoln-Freiheitsstatuen-Thron“.
„Hello, Dolly!“ will, wie das Bühnenbild, nicht zu viel. Köpplinger setzt in allen Details die richtigen Grenzen und balanciert gut aus. Das Stück ist von Grund auf sehr lustig, durch die Textbearbeitung von Josef E. Köpplinger und Christoph Wagner-Trenkwitz gewinnt es aber noch dazu und arbeitet außerdem mit Situationskomik. Nie driftet es ins Blöde ab, sondern hält sich auf gutem Niveau, auch in Szenen bei denen die Gefahr besteht schnell zu verwirrend oder „too much“ zu werden.
Die Darsteller tragen natürlich auch dazu bei. Die Hauptrollen wurden mit Darstellern besetzt, die auch wirklich Talent für das Komische haben und wissen, wie sie mit Humor umgehen sollen. Auch sie beherrschen das Gleichgewicht.
Sigrid Hauser schafft es gekonnt, die Stimmungen ihrer Figur herauszuarbeiten. Von nachdenklichen, traurigen Szenen, in denen Dolly mit ihrem verstorbenen Mann Ephraim spricht, bis hin zu lustigen, bei denen sie ihr komödiantisches Talent voll ausleben kann. Dolly Levi wirkt in dieser Inszenierung wie eine Mary Poppins für Verliebte. Die große Handtasche, aus der sie Visitenkarten für jede Situation heraus zaubert, die Ankunft in einem Ballon (das Pendant zum Regenschirm), das Auftreten, leicht arrogant, bestimmt, aber dennoch freundlich und humorvoll. Auch stimmlich kann Hauser überzeugen. Sie macht sich „Dolly“ ganz zu Eigen und lässt Vergleiche zu Koller oder Streisand erst gar nicht zu.
Dollys „Opfer“ spielt Robert Meyer. Sein Mr. Vandergelder ist trotz Boshaftigkeit und Verbitterung sympathisch und irgendwie liebenswert. Der Volksoperndirektor verleiht jeder seiner Rollen einen ganz eigenen Charme, dem man nur äußerst schwer widerstehen kann.
Ein funktionierendes Team sind wieder einmal Peter Lesiak und Daniel Prohaska. Wie auch schon in „Singin‘ in the rain“ (Stadttheater Klagenfurt) spielen sie zwei Freunde, die es faustdick hinter den Ohren haben. Sie harmonieren unglaublich gut und es macht einfach Freude ihnen zuzusehen. Vor allem Lesiak hat die Darstellung eines tollpatschigen, ein wenig dümmlichen Charakters zur Perfektion gebracht. Nie ist er „over the top“, sondern spielt den Barnaby immer im Bereich des Möglichen. Besonders amüsant seine Begeisterung für den ausgestopften Walfisch. Cornelius und Barnaby verlieben sich relativ schnell in die Hutmacherin Irene Molloy und deren Assistentin Minnie. Katja Reichtert spielt gut, ihr Song „Bunte Bänder trage ich am Hut“ bewegt sich allerdings ständig an der Grenze zur Schlafnummer. Berührend war er leider nicht. Nadine Zeintl macht aus ihrer kleinen Rolle das Beste. Sie spielt, wie ich mir eine „Minnie“ vorstelle. Leicht schräg, aber überaus liebevoll.
Johanna Arrouas und Jeffrey Treganza verblassen leider neben den anderen Hauptrollen. Arrouas performt Ermengardes Schluchzer zwar gekonnt und witzig, die Liebe zu Ambrose spürt man aber nicht. Auch Treganza wirkt nicht in seiner Rolle. Sein Akzent steht ihm ein bisschen im Weg. Die „Falsch-Sing-Szene“ gelingt ihm jedoch ausgesprochen gut. Obwohl Dagmar Hellberg als Ernestina Money einen weit kleineren Part zu spielen hat, bleibt sie aufgrund ihrer Leistung besser in Erinnerung.
Getragen wird „Hello, Dolly!“ vom großartigen Musicalensemble, das viel zu tun hat. Unterstützt wird die junge „Musicalgruppe“ von Chor, Komparserie und Staatsballett. Die Bühne ist also meistens voll, was bei der Größe auch von Notwendigkeit ist, wirkt aber nie überladen.
Für die Choreographie zeichnet sich Ricarda Regina Ludigkeit verantwortlich, die sich in dieser Inszenierung so richtig austoben konnte. Es musste viel Platz gefüllt werden, aber durch das Staatsballett und die Musicalgruppe hatte sie Zugriff auf ein großes Tanzensemble. Auch wenn man aus der „Parade-Szene“ noch etwas mehr herausholen hätte können, so fand die Show ihr Highlight im Kellnergallop. Ein Augenschmaus. Und welch großartige Leistung des Ensembles!
Der erste Akt endet mit einem Knall und schickt das Publikum gut gelaunt in die Pause, der zweite findet in einem Medley seinen Abschluss. Die Melodien und Bilder der Show laufen noch einmal an einem vorbei und hinterlassen einen wunderbaren Gesamteindruck. Ja, die Show ist pure Unterhaltung und präsentiert eine Art „heile Welt“, aber auf einem guten Niveau. Wie Peter Alexander einmal meinte: „Was haben Sie gegen eine heile Welt? Es ist eigentlich die einzige Welt, in der es sich zu leben lohnt.“ Der Theaterabend macht unendlich viel Spaß und knappe drei Stunden heile Welt, was gibt es Schöneres?
Das Premierenpublikum zeigte sich sehr wohlwollend und verfiel in Begeisterungsstürme. Die Stimmung in der Volksoper hätte nicht besser sein können.
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Sonntag, 26. September 2010
Premiere: Hello, Dolly! – Volksoper, Wien
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hej! Ich hab gestern Hello Dolly gesehen und es war der hammer!! Am überzeugensten war daniel prohaska er hat das ganze stück in schwung gebracht und seine stimme ist einfach ein traum, spätestens bei der gerichtszene hat er alle herzen erobert gehabt =) . Frau hauser war konstant und nur bei "hello dolly" sprang der funken zum publikum über, ansonsten ein gute leistung. P.Lesiak hat in meinen augen auch überzeugen könne. Intendant Köpplinger hat einmal wieder gezeigt was er kann!
AntwortenLöschenes war ein toller abend!
Schön, dass es dir auch gefallen hat! ...und danke für deinen Kommentar dazu. Es ist einfach eine tolle Produktion!
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Julia