Jason Robert Brown und seine „Songs for a New World“ bieten sich hier also an. Dazu ein paar Songs aus Browns anderen Werken wie „Parade“ oder „Wearing Someone Else’s Clothes“ und man hat ein musikalisches Programm, das eigentlich nicht enttäuschen kann. Jason Robert Brown einen Abend zu widmen, eine großartige Idee!
Doch was nützt eine Idee, wenn es an der Umsetzung scheitert. Oft schon gesehen. Bei „Hear my Song“ ist das aber nicht der Fall, denn das Konzept von Jürgen Kapaun zwingt einem nichts auf. Das Buch will nicht zu viel, schon gar nicht die aussagekräftigen Songs von Jason Robert Brown krampfhaft in irgendeine Handlung zwängen. Geschichten werden erzählt, mal lustig, mal traurig, mal verzweifelt, mal ironisch und dann stehen gelassen. Verbunden nur dort wo es sich lohnt, es braucht nicht mehr. Für einen Seelenstriptease war es vielleicht zu wenig, aber das Buch von Jürgen Kapaun kann etwas. Nicht immer konnte aber die Qualität der Texte auch wahrgenommen werden, sie scheiterten an der „Ausführung“.Als Ensemble haben die zehn Darsteller einiges auf dem Kasten, stehen sie dann aber einzeln auf der großen Bühne, sieht man schnell wo Potential und Können vorhanden ist und wo noch irgendetwas fehlt oder es noch an harter Arbeit bedarf. Manche füllen die Bühne aus und berühren einen, manche können sich nur in einer Disziplin ausdrücken. Viele Texte wirken aufgesagt und unnatürlich, was dem Buch und vor allem den durchaus interessanten Charakteren nicht gerecht wird. Da fehlt es an Ehrlichkeit, Offenheit und Mut.
„Hear my Song“ spielt auf der Bühne mit Licht und Schatten, es kommt mit einfachen Mitteln aus - ein bisschen Gepäck, ein paar Hocker. Mehr braucht es nicht, denn so stehen nicht nur die Absolventen im Mittelpunkt, sondern vor allem auch die Songs von Brown und ihre geballte Kraft. Wie viel Power und Gefühl sie haben, besonders live, ist unglaublich.Wirklich überzeugen konnten Jakob Semotan als Matthew aus Kalifornien, einem „kreativen“ Kopf hinter „Reich und Schön“, und Judith Jandl als Marie aus Österreich. Beide Performances ein Genuss, sowohl stimmlich als auch auf der Gefühlsebene, denn beide konnten berühren.
Aber auch Anette Szabo, Aline Herger und Jasmin Shah Ali konnten in ihren Solonummern zeigen, dass viel in ihnen steckt. Claudia Artner hat vielleicht etwas schwach begonnen, konnte dann aber spätestens mit „Pretty Music“ und ihrem Kurzdialog mit Judith Jandl ihr Können unter Beweis stellen. Der zweite Hahn im Korb ist Peter Knauder, der vor allem in seinem Tanzsolo auf sich aufmerksam gemacht hat. Hier liegt ein großer Teil seiner Ausdruckskraft, die er auch stimmlich immer mehr zeigen kann, jedoch im Schauspiel noch ein wenig Nachhilfe bedarf. Alleine der etwas gequälte Gesichtsausdruck störte zeitweise, man hatte das Gefühl, dass „Lukas aus Österreich“ eher in der Hölle statt im Himmel gelandet ist, auch wenn es eigentlich Angst vor dem Unbekannten (?) symbolisieren sollte.
Ihre komische Seite konnten einige in der Nummer „Mr. Hoppalong Heartbreak“ ausleben; und wie sie das gemacht haben. Frisch aus dem Altersheim schwang jeder einzelne das Tanzbein. Als „alte Knacker“ konnten alle überzeugen – definitiv ein Highlight des Abends. Es hätte nicht besser sein können, als „Hear my Song“ mit dem wunderbaren „Flying Home“ und dem Titelsong zu beenden. Gerade im Letzteren konnten nicht nur die Charaktere noch einmal ihre Geschichte Revue passieren lassen, sondern auch die Absolventen.
Als dann die letzten Noten anklangen, war dann so viel Gefühl im Raum, dass man selbst im Publikum so berührt wurde und fast selbst die eine oder andere Träne vergießen konnte. Eine wichtige Zeit geht zu Ende, aber eine neue steht vor der Tür, an der Schwelle wird kurz zurückgeblickt, gestärkt von dem Wissen, dass man nicht alleine ist, blickt man nach vorne und wagt den ersten Schritt in eine neue Welt. Danke für diesen einmaligen, berührenden Abend und Glückwunsch an Claudia Artner, Franziska Fröhlich, Aline Herger, Judith Jandl, Angelika Ratej, Peter Knauder, Jakob Semotan, Jasmin Shah Ali, Anetta Szabo und Gloria Veit!
*Photo by Bernhard Fritsch via