Schreiben oder nicht Schreiben? Das ist die Frage, die ich
mir in Bezug auf diesen Blog nun ab und an stelle. Hier tut sich nicht viel
seit einigen Monaten, es muss ja auch nicht. Hier, und das war mir von Anfang
an klar, schreibe ich, wenn ich Lust dazu habe. Lust zum Reflektieren über
Gesehenes, Erlebtes. Lust, dieses Reflektierte nach Außen zu bringen, denn erst
im geschriebenen Wort wird mir es oft erst möglich meine Gedanken konkret zu
fassen. Wenn es ein paar Leser gibt, umso Schöner.
Die Bachelor-Show des KONS ist eines meiner Highlights des
Jahres. Ich liebe die Vielfalt des Genres, die hier präsentiert wird, die
Individualität der Studenten, die hier zum Ausdruck kommen darf.
Künstlerische Differenzen, Krankheit, Engagements - nicht alle waren diesen Juni bereit ihre Ausbildung abzuschließen. Eine magere Ausbeute also auf den ersten Blick, doch im Oktober
darf dann hoffentlich auch der Rest ran.
Die kürzeste Bachelor-Show aller Zeiten.
Nichtsdestotrotz nicht weniger unterhaltsam.
Die Überraschung des Abends? Rafael Albert. Ich glaube sagen
zu können, dass er die stärkste Entwicklung durchgemacht hat, die ich über die
Jahre als Zuschauerin mitverfolgen konnte. Sein zusammengestelltes Programm
„Failisabeth“ ist ein Potpourri der Vielfalt aufgehängt an einer cleveren Idee
(Rafael Albert und Glenna Weber): Du spielst die Hauptrolle. Erste Szene, du
auf der Bühne, doch kein Ensemble. Niemand da. Alleine. Kein Ausweg. Du kannst
nicht fliehen. Du wirst auf dich selbst zurückgeworfen. Zeit der Reflexion.
Zeit der schmerzlichen Auseinandersetzung mit dir selbst. In Rafael Alberts
Fall ist es Luigi Lucheni der alleine bleibt. Und Rafael Albert in seiner Rolle
und von der Rolle. Klug gewoben ist das Konzept seines Programms. Es zeigt
alles, was ich mir von so einem Bachelor-Showblock erwarte. Humor, aber auch
Ernsthaftigkeit. Wahrhaftigkeit im Spiel, Freude am Darstellen, vielfältige
Songauswahl, ehrlich performt. Rafael Albert stellt sich der Herausforderung
seines eigenen Ichs. Die Konfrontation ist von äußerem und innerem Druck, vor
allem den Beruf des Musicaldarstellers betreffend, geprägt, geht aber auch
darüber hinaus. Eine gelungene Leistung. Hut ab!
Die nächste auf dem Programm: Ruth Hausensteiner.
Grundsätzlich eine gute Ausgangsidee. Psychiatrie bzw. psychologische Beratung
eignet sich immer gut, um interessante Menschen-Geschichten zu erzählen. Bei Hausensteiner wird es zu einer
verzweifelten Suche nach der Liebe, wobei mir die Verzweiflung leider etwas zu
kurz kommt. Das Potential hat sie, doch leider gestaltet sich ihr Showblock
etwas eintönig. Zu wenig Variation für meinen Geschmack. Irgendwann, irgendwie
möchte ich innerlich bewegt werden. Die Comedy-Ebene ist wichtig, klar, aber
ich brauche Tiefgang, um die Person greifen zu können. Diese Tiefe kommt für
mich nur einmal sehr kurz zum Vorschein – bei „Die Rinnsteinprinzessin“ zeigt
Hausensteiner einen Ansatz, den ich bei diesem Lied oftmals vermisse. Der
Zwiespalt eines hart-weichen Herzens, zwischen Sehnsucht und Verletzung,
Hoffnung und Bitterkeit.
Schade, dass es davon nicht noch ein bisschen mehr zu spüren
gab.
Zusätzlich stehlen ihr Nathanaele Koll und Florian Sebastian
in zwei ihrer Nummern die Show. Koll als narzisstischer Prinz. Genial! Was
bitte kann er nicht darstellen? Er füllt jede Rolle aus und spielt mit solcher
Leidenschaft, dass man selbst kaum glaubt, was man da gerade sieht. Auf den
Punkt.
Florian Sebastian – Dialekt ist sein Ding. Das kommt bei ihm
so hundertprozentig rüber, dass mir das Herz aufgeht.
Bei Ruth Hausensteiner sprechen wir dennoch von einem sehr
hohen Niveau. Ihr Programm hat sich da nur vielleicht etwas in den Weg
gestellt.
Ein ähnliches Gefühl habe ich bei Niklas-Sven Kerck.
Sein Programm ist ebenfalls durch Monologe verbunden, etwas
mehr Zusammenhang wäre aber vielleicht doch noch netter gewesen.
Auf der Bühne wirkt er sehr sympathisch, er ist ein ganz
eigener Typ. Das ist sein großer Vorteil. Er verliert sich nicht auf der Bühne,
sondern nutzt seine Individualität. Ich glaube trotzdem, dass noch etwas mehr
drinnen gewesen wäre...
Tja, und dann kam Kimberly F. Reidl. Was für eine
Bühnengewalt. Sie hat ihren Showblock sehr raffiniert für sich genutzt. Nach
Sigmund Freud spaltet sie sich in drei Persönlichkeiten auf und lässt sie die
Kons-Aufnahmeprüfung bestreiten. Lustig, selbst-reflexiv mit ernsten
Untertönen. Für mich war es ziemlich perfekt. Erhard Pauer unterstützt mit
Stimme aus dem Off das Programm und Kaj Louis Lucke als Audition-Assistenz
trifft den Nagel noch auf den Kopf – seine kleinen Auftritte samt Outfit sind
ein Erlebnis für sich. In einem letzten Vocal Medley wechselt Reidl zwischen
ihren Persönlichkeiten so schnell hin und her, dass man sich bemühen muss
mitzuhalten. Pure Unterhaltung. Abschließend noch die notwendige
Zurschaustellung der tänzerischen Fähigkeiten – Reidl ist ein Triple-Threat,
keine Frage. Zumindest zeigt sie das in diesem auf ihre Persönlichkeit
zugeschnittenen Programm.
Das Opening aus Jason Robert Brown’s „Songs For A New World“
vereint die vier ein letztes Mal gemeinsam auf der Bühne. Ein gefühlvoller
Abschluss, wenn auch nicht ganz so emotional wie manche Jahrgänge zuvor. Das
lag aber höchstwahrscheinlich daran, dass sie eben nicht alle waren. Schon ein wenig schade, dass sich der vierte Jahrgang
dieses Jahr nicht vereint präsentieren konnte.