Ganz ehrlich? Ich weiß nicht was ich schreiben soll. Wie
soll ich all die Emotionen, die ich vom gestrigen Abend mitgenommen habe hier
in Worte fassen? Es scheint für mich so unmöglich und doch gäbe es so einiges
zu sagen, also muss ich versuchen mit Worten dem gerecht zu werden, was das Musical
Unplugged 7 – Solo Special gestern war und eben heute noch ist, weil dieser
Abend es nicht nur schafft den Zuschauer so im Moment zu erreichen, sondern
auch gleichzeitig vorzugreifen und ihn nicht mehr loslässt. Warum das so ist
oder warum das bei mir so ist, führe ich darauf zurück, das dieses Konzert,
sowie auch schon einige Musical Unplugged Gigs zuvor, Gefühle hervorruft, die
einen wieder auf den „richtigen Weg“ bringen. Keine Ahnung, ob man das so
ausdrücken kann, aber an diesem Abend – und eben auch jetzt noch – fühle ich
mich „erreicht“. Ich fühle mich verstanden. Ich fühle mich als Mensch
akzeptiert, so wie ich bin und weiß gleichzeitig auch wieder was ich im Leben
will. Sind das nicht die schönsten Gefühle? Ich glaube schon. Ja, und das
Musical Unplugged – Solo Special vermochte genau diese zu erzeugen. Wie? Tja,
also da wäre zunächst die Besetzung, die kaum genialer sein könnte. Organisator
Florian Schützenhofers „Geniestreich“ setzt sich aus Menschen zusammen, die nicht
nur so wahnsinnig gut singen können, sondern eben auch Menschen mit Fehlern,
Menschen zum „Angreifen“ sind. Ihnen allen ist gemein, dass sie es schaffen,
authentisch zu sein. Authentisch in ihren Performances, in ihrem Auftreten, in
ihrem „Sein“ auf der Bühne. Das heißt auch, dass es „Unperfektheiten“ gibt.
Diese Texthänger, das „Teasen“ auf der Bühne, das Gemurmel in die Mikros (mal
verständlich, mal unverständlich) machen den Abend erst „perfekt“. Perfekt,
weil unperfekt eben.
Die Künstler auf der Bühne bilden eine eingeschworene
Einheit. Auch die Musical Unplugged-„Neulinge“ Riccardo Greco und Rory Six
fügen sich harmonisch ein und ergänzen die Runde mit ihren „Grenzgängen“, ihrer
Authentizität, ihrer Furchtlosigkeit. Diese zeigt sich bei Greco vor allem bei „This
is the moment“. Wenn er singt gibt es nichts Anderes mehr, nur ihn, seine
Geschichte, seine Emotion. Kaum einer kann einen so tief erreichen wie er,
finde ich. Das ist seine ganz besondere Gabe. Man hört den Song wie zum ersten
Mal. Riccardo Greco singt ihn auf seine
Art, überhaupt singt jeder an diesem Abend auf seine Weise. Schützenhofer fährt
hier eine klare Linie: Er lässt den Künstlern freie Hand in ihren Interpretationen
und lässt sie ihr „Ding“ durchziehen, in dem Vertrauen darauf, dass er die richtigen
Leute ausgewählt hat. Diese „Linie“ schließt sich mit dem klaren Ende des
Konzerts nach einer Zugabe. Es ist die richtige Entscheidung auch wenn es im
ersten Moment schwerfällt sie zu akzeptieren, würde man diesen Menschen einfach
gerne noch weiter zuhören.
Diese „eingeschworene Einheit“ auf der Bühne bedeutet auch,
dass die Menschen auf der Bühne Spaß und Lust haben dort oben zu sein und zu
singen. Wie auch in meinem allerersten Musical Unplugged Konzert ist mir
gestern mehr denn je aufgefallen, dass diese spezielle „Abgeschlossenheit“ zum
Publikum, die sich durch die Einheit auf der Bühne und den Performances der
Sänger, die scheinbar nur für sich singen, ergibt, das Publikum auf eine Weise
erreichen kann, wie sie nicht oft zustande kommt. Ganz unabhängig davon, dass
hier Künstler stehen, die immer „aus sich heraus“ performen, also einen Zugang
zu ihrem inneren Pool von Gefühlen schaffen, stellt Pianist Florian C. Reithner
mit seinem virtuosen Spiel eine Herausforderung dar. In alter Manier verwandelt
er, adaptiert, mischt und macht was er will. Wenn ein Sänger hier nicht bei
sich bleibt, ist es aus. Das ist der springende Punkt. Die Künstler müssen so
in sich vertrauen und so bei sich bleiben, dass sie nichts aus der Ruhe bringen
kann. Und es gelingt, auch wenn ab und zu leichte Unsicherheiten sichtbar
werden – sichtbare Menschlichkeit eben.
Martin Pasching machte den Anfang mit „Musik der Nacht“. Ab
und zu musste er Textunsicherheiten mit einem Blick in die Noten überbrücken,
doch so etwas ist egal, wenn die Performance einen spüren lässt, wie Paschings
Phantom sich entfaltet. Auch wenn ich ihn vielleicht nicht auf den ersten Blick
in dieser Rolle sehen würde, verspricht er mit seiner Performance mehr und ich
kann mir vorstellen, dass seine Auslegung des „Phantoms“ sehr interessant sein
könnte. Bei Bon Jovis „It’s my life“ gibt er alles und hängt sich hinein als
gäbe es kein Morgen und deswegen hört man als Zuschauer die fehlende Rockband
trotzdem. Seine klare Stimme und seine „runde“
Art zeigen sich dann auch in „Alle Lichter“ von Ulli Bäer – das geht tief. Musical
Unplugged-„Fixstern“ Jakob Semotan stürmt mit „Engel aus Kristall“ auf die
Bühne – in einem fast schon unmenschlichen Tempo, aber er zieht es durch. Die
Längen, die der Song sonst oft hat wurden ausgemerzt. Semotan schmeißt sich in
alle seine Songs ohne Rücksicht auf Verluste hinein und macht sie zu seinen,
einzig und allein bei „I dreamed a dream“ wusste ich nicht wohin er wollte –
Parodie oder Ernst, Spiel oder Gefühl? Mit Luc Devens sang er „Under Pressure“,
ein Song der sich beständig und völlig zu Recht im Programm hält und den die
beiden so gut drauf haben, dass es so unglaublich viel Spaß macht, ihnen
zuzusehen. Was bei Devens immer beeindruckt – von der Stimme mal abgesehen, für
die gibt es eh keine Worte – ist seine Fähigkeit sich so von außen
abzuschließen, dass man die Schutzwand um ihn fast schon sehen kann. Über die
Dauer seiner Songs ist er in seiner „Kapsel“ verschwunden, seine Augen bleiben größtenteils geschlossen und er
singt einfach.
Rory Six überzeugt nicht nur mit „Die Schöne und das Biest“,
sondern vor allem auch mit „Warum kannst du mich nicht lieben“ aus Mozart. Letzteres
geht durch Mark und Bein. Sein Duett mit Riccardo Greco - „Let me be your star“ aus Smash – ist ein
Highlight des Abends. Greco zeigt sich
auch von seiner komödiantischen Seite. Bei
„Pharao Story“ weist er auf die Lächerlichkeit des Textes hin, während er bei „Irgendwo
wird immer getanzt“ sehr überzeugend die Constance Mozart gibt. Zwischendurch
gibt es „Elisabeth“ in verschiedenen Besetzungen und Kombinationen, zum
Beispiel in einem „Wenn ich tanzen will“-Quartett, dessen letzte Textzeilen die
Essenz des Abends widerspiegeln, da sie jeder eben „auf seine ganz besondere Art“
singt.
Reithners fantastisches Klaviersolo und „Step to far“ aus
Aida sollen auch nicht unerwähnt bleiben. Eigentlich soll nichts unerwähnt
bleiben, aber man muss es ja nicht übertreiben, denn wer wissen will, warum das
so ist, der soll sich gefälligst heute Abend zum Amphitheater des
Petronell-Carnuntum aufmachen und selbst sehen, was hier „abgeht“. Denn heute
gibt es noch einmal „Musical Unplugged“ - selber schuld, wenn man hier nicht
dabei ist!Infos gibt es hier.
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