Der Funke von „Marry Me a Little“ ist zu mir nicht
übergesprungen. Es hat mir für das, was es ist, zu wenig Tiefgang und um pure
Unterhaltung zu sein, ist es mir zu wenig unterhaltsam. Es könnte doch aber
mehr sein, die Ausgangsidee ist ja eine sehr reizvolle, eine, aus der man etwas
Herausholen hätte können. Das vienna theatre project hat sich genau das zum
Ziel gesetzt und möchte die Geschichte etwas weiterschreiben. Was passiert,
wenn man versetzt wird und sich an einem Samstag Abend mit einem selbst
auseinandersetzen muss, während man über Verflossene, neue Lieben, Erwartungen,
Sehnsüchte und Beziehung nachdenkt? Eine interessante Frage. Eine Frage, die
viel dramatisches Potenzial hätte, doch reichen mir Stephen Sondheims Songs da
nicht aus.
Joanna Godwin-Seidl hat eine gute Inszenierung abgeliefert,
aber auch sie kann für mich den Funken nicht zum Überspringen bewegen. In
manchen Momenten beginnt es zu knistern, aber dann verliert sich das Stück
wieder. Ich liebe das vienna theatre
project sehr – so muss Theater gemacht werden. Doch leider ist diese Produktion
nicht so mitreißend, wie es schon so viele andere zuvor waren. Die
Stückauswahl hat mich überrascht und auch wenn es sich um eine gute
Inszenierung handelt, so scheitert sie am Stück selbst, das aus meiner Sicht
einfach nur als „passabel“ zu bezeichnen ist.
Der Star des Abends ist das Bühnenbild. Richard Panzenböck
hat dabei tolle Arbeit geleistet. Es ist so fantasievoll wie funktional und
lässt viel Spielraum für die Regie. Godwin-Seidl nützt es für liebevolle
Details und Twists, lässt Momente aus dem Bühnenbild entstehen, die mehr
Tiefgang haben als sonst etwas. Die Farben Blau und Gelb stehen für „He“ und
„She“ und lassen somit Verbindungen und Trennungen entstehen, verschmelzen und
bilden Kontraste – eine wunderschöne Spielerei für das Auge und das Herz. Die
blauen Blumen in der gelben Vase, das vergangene Märchen auf dem gelben Zettel
zwischen blauen Pokalen,...
Jacqueline Braun und Tim Hüning sind SIE und ER, die alleine
und manchmal doch irgendwie zusammen über die Liebe sinnieren. Beide bringen
viel Charme in die Rollen, vor allem Braun bezieht mich als Zuschauer schnell
in das Geschehen mit ein. Schwerelos spielt und singt sie mit viel Gefühl.
Hüning gewinnt durch seine Ausstrahlung, doch kann er stimmlich nicht so ganz
mithalten. Singt er in die entgegengesetzte Richtung versteht man leider kein
einziges Wort und gerade das wäre so wichtig bei Sondheim. Im Theater
Drachengasse muss nicht verstärkt werden und ich mag das – es fühlt
sich direkter und purer an. In diesem Fall jedoch stellt die fehlende Verständlichkeit
ein Hindernis dar, denn der Zuschauer muss sich anstrengen, um etwas von dem
Gesungenen mitzubekommen. Schade. Jacqueline Braun tut sich mit ihrem kräftigen Organ
einfacher. Ihre Leichtigkeit ist bemerkenswert.
„Marry Me a Little“ ist nicht ganz „my cup of tea“, aber
dennoch ist der Abend kurzweilig und schon alleine deshalb einen Besuch wert,
um das vienna theatre project zu unterstützen und den idealen Einsatz eines
äußerst gelungenen Bühnenbildes zu bewundern.
"Marry Me a Little" läuft bis 10. Oktober 2015 im Theater Drachengasse.
Weitere Informationen und Karten gibt es hier: