„Der Musical-Mann“ war ursprünglich auf der Liste meiner Sommerlektüre, allerdings bin ich erst jetzt dazu gekommen es auch zu lesen. Nachdem das Buch im „musicals“-Magazin eine relativ schlechte Kritik erhalten hat, bin ich ein wenig vorbelastet an die Sache herangegangen. Eigentlich kein guter Zugang zu Literatur, denn dies hatte zufolge, dass ich mich von Anfang an gefragt habe, ob denn jetzt die Erinnerung an die Kritik aus mir spricht und mein eigener Eindruck. Was genau in der Rezension gestanden ist, wusste ich allerdings nicht mehr. Nach der Hälfte des Buches war mir klar, dass es sich um mein eigenes Gefühl handelt…ein Gefühl, das mich das ganze Buch nicht mehr losgelassen hat.
Ich habe
Friedrich Kurz in seiner Autobiografie (mit Marcus Mockler) als arroganten und unreifen Menschen wahrgenommen. Ganz unabhängig von seiner erstaunlichen Karriere. Was dieser Mann für das Genre Musical in Deutschland geleistet hat ist - unumstritten – so Einiges. Der Weg vom Schulabbrecher zum Musicalproduzenten war kein einfacher und das erzählt Kurz in diesem Buch. Sein Lebensweg führte ihn in die ganze Welt und durch die verschiedensten Berufssparten. Kurz verdient diesbezüglich meinen ganzen Respekt. Keine Frage, es war sehr interessant darüber zu lesen und zu erfahren, wie es bei manchen Produktionen „backstage“ so aussah.
Als Mensch ist mir Kurz aufgrund des Buches nicht sonderlich sympathisch. Nicht nur wirkt er stellenweise ganz schön arrogant, sondern er leistet sich mit dieser Autobiografie auch einige Frechheiten. Kurz äußert sich abschätzig über Leute, die ihm offensichtlich seelischen Schmerz zugefügt haben, sei es nun Robert Redford, der ihm seine Freundin ausgespannt hat, oder Peter Weck, der bei einigen Produktionen einfach die Nase vorne hatte. Jeder ist verletztlich und manchmal auch nachtragend, aber mit der Zeit sollte man verzeihen – Friedrich Kurz hat dies noch nicht geschafft, meiner Meinung nach ist er in einer Trotzphase stecken geblieben. Das alles wäre nicht ganz so schlimm, wenn Kurz nicht immer betonen würde, wie er durch eine Gotteserscheinung zum gläubigen Christen wurde, man kauft ihm das einfach nicht ab. Für mich hat er noch nicht ganz verstanden, worum es im Glauben geht. Er schreibt, dass er sich nicht mehr rächen möchte, weil er über die Verletzungen hinweg ist, legt aber mit „Der Musical-Mann“ auch eine Art Abrechnung ab. Dazu kommt, dass Kurz selbst einige Fakten verdreht und Unwahrheiten verbreitet – wahrscheinchlich als Folge seiner verletzten Ehre. Eine der größten Frechheiten ist, wenn Kurz behauptet
Peter Weck hätte Gerüchte über ihn verbreitet, weil „Cats“ in Wien nicht so erfolgreich gelaufen ist, wie in Hamburg (kann stimmen, ist aber fraglich). Er hat Weck NIE persönlich getroffen, wirft aber im nächsten Satz ein, dass der ehemalige österreichische Intendant der VBW, der ihm angeblich Schaden zufügen wollte, kurz nach dem "Misserfolg" von "Cats" entlassen wurde – einfach nicht wahr. Ich bin gespannt, ob und wenn was Weck in seiner Biografie darüber berichtet ("War's das? Erinnerungen." Erschienen am 18. Oktober im Amalthea Verlag)...
Erst ganz zum Schluss kommt der Autor ein wenig zur Besinnung. Wenigstens hat er erkannt, dass es sich bei Geldgier nicht gerade um eine ideale Charaktereigenschaft handelt. Eines kann ich Kurz mit auf den Weg geben:
Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus. Kein Wunder, dass die Lebensgefährtin irgendwann zurück schlägt, wenn man sie immer mit anderen Frauen betrügt und kein Wunder, dass man vor lauter Gier nach Reichtum, einmal auf die Nase fällt und zwar ordentlich.
„Der Musical-Mann“ ist durchaus informativ, wenn man sich für Musical interessiert, allerdings kein „Must-Read“. Es ist kurzweilig und schnell zu lesen. Wenn es auch auf menschlicher Ebene kläglich versagt, ist es trotzdem eine interessante Lebensgeschichte.
"Der Musical-Mann. Ein steiler Aufstieg, ein tiefer Fall und eine Begegnung mit Gott, die alles veränderte." von Friedrich Kurz (mit Marcus Mockler). GerthMedien Verlag. 2010. 224 Seiten.