Das Musical ist sehenswert, aber für mich ist es noch nicht ganz „angekommen“. Es berührt und hat viel Potential und ich stimme auch heute noch meiner „Kritik“ vom Januar 2010 zu:
„Rory Six (Musik) und Kai Hüsgen (Texte, zusätzliche Texte: Ellen de Clercq) haben ein intimes, berührendes Werk geschaffen dem unbedingt Beachtung geschenkt werden sollte. Die Musik ist sehr vielfältig - mal rockig, mal ganz zurück genommen. Die Texte ehrlich und berührend. Die Dialoge herzlich und echt. […] Dieses Musical braucht eigentlich nicht viel mehr, denn reduziert wirkt es, glaube ich, am besten.“
Der letzte Punkt spricht an, warum mir „Wenn Rosenblätter fallen“ damals besser gefallen hat als in der gestrigen Inszenierung. Das Stück hat Qualität und ich finde, dass es viele Menschen sehen sollten, aber es würde von mehr „Intimität“ profitieren. Eine kleinere Bühne, ein kleineres Theater. Zwar konnten die Darsteller die Emotionen ohne Weiteres bis in die hinteren Reihen des Theater Akzent vermitteln, aber es würde dem Musical gut tun, wenn es noch unmittelbarer, ursprünglicher und persönlicher daherkäme; vielleicht auch ohne Mikrofone. Ich glaube, dass „Wenn Rosenblätter fallen“ sich erst in einem kleineren Rahmen ganz entfalten könnte, sowie damals bei der Workshop-Präsentation.
Ich selbst störte mich neben fehlender „Intimität“ am Bühnenbild, das farblos wirkte und keinerlei Atmosphäre vermitteln konnte. Die Darsteller hatten also eine Herausforderung mehr…
Eines der beste Dinge, die diesem Musical passieren konnte ist die Besetzung von Dirk Johnston als Till. Eine Performance, die mir sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird. Ursprünglich, ehrlich und glaubhaft. Sehr emotional, ohne Angst vor dem Charakter. Er hat sich in die Geschichte und in Till fallen lassen und ist darin aufgegangen. Till wurde dadurch so spürbar, die Emotionen so tief, dass sie mich im Publikum wirklich punktgenau erreicht haben. Was für eine Leistung!
Auch Carin Filipcic lieferte Höchstleistung ab, mit einer sehr glaubwürdigen Darstellung einer Krebskranken.
Jana Stelley überzeugte vor allem durch ihren Gesang. Sie spielte etwas zu viel und obwohl ihr Charakter Iris eine quirlige, sehr lebendige junge Frau ist, wäre ein bisschen weniger besser gewesen. Erst gegen Ende wo Iris endlich zu verstehen und Till wieder zu vertrauen und lieben beginnt, gelingt es Stelley mehr Ehrlichkeit mit in ihr Spiel zu bringen.
Wer Näheres zum Inhalt erfahren möchte, der informiert sich am besten auf der Homepage des Musicals, liest meinen ersten Eindruck des Musicals von der Workshop-Präsentation ODER – die wahrscheinlich beste Variante – kauft sich eine Karte für das Musical, das noch bis 3. November im Theater Akzent zu sehen ist. 10 Prozent des Kartenerlöses gehen übrigens an die Krebshilfe.
"Wenn Rosenblätter fallen" ist ein sehr emotionales Musical, da es ein Thema behandelt, das uns alle beschäftigt - der Verlust eines geliebten Menschen. Deswegen trifft es genau ins Herz. Es spielt auf mehreren Ebenen und geht nicht an einem vorbei - das ist das Besondere dieses Werkes. Hie und da könnte es noch eine Überarbeitung vertragen, vor allem wenn man es weiterhin auf einer größeren Bühne aufführen möchte. Szenen, die ohne Worte wirken könnten, können dies aber in dieser Größe weniger. Um noch mehr herauszuholen, wäre eine Rückkehr zu den Anfängen - ein kleinerer Rahmen - sicher von Vorteil.
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