Mittwoch, 11. April 2012

Musical Unplugged 6.1 - free voices, one piano

In einem Kaff nahe Wien kam gestern Musical Unplugged 6.1 zur Aufführung. Begeistert nach meinem ersten Musical Unplugged-Erlebnis letzten September war für mich klar, wenn es mir nur irgendwie möglich ist, werde ich auch die kommenden Konzerte besuchen.
Und ich kann es bestätigen, es zahlt sich manchmal wirklich aus in die Pampa zu fahren, um kulturellen Genüssen nachzugehen. Auch wenn Musical Unplugged 6.1 mich nicht so in den Bann gezogen hat, wie sein Vorgänger, für Luc Devens zahlt es sich immer aus. Immer. Wenn ich ganz ehrlich bin, würde es sich auch auszahlen, träte er in Timbuktu auf. Diese Stimme ist so unfassbar, dass man sich selbst erwischt, wie man mit offenem Mund im Publikum sitzt und aus dem Staunen nicht mehr heraus kommt. So etwas sieht man nicht oft. Ein Sänger, der „out of his mind“ ist, aber zugleich „totally in his mind“ singt. Devens ist irr, weil er sich der Musik so hingibt, sich der Musik so öffnet, dass er in seiner ganz eigenen Welt versinkt – abgeschnitten von allem. Aus diesem Mann kommen Töne heraus, die kann man nicht mehr glauben, wenn man ihn nicht selbst erlebt hat – tja, man kann es eigentlich nicht in Worte fassen. Wer nach Luc Devens an der Reihe ist hat ganz klar die A-Karte gezogen – wie bitte sollte man so eine Performance überbieten? Es geht nicht. Aber wenn einer die Brücke zurück schlagen kann, ist es Jakob Semotan. Auch er hat mich wieder einmal beeindruckt. Da ist so viel Präsenz da. Eine tolle Stimme, aber vor allem Ausstrahlung und Ausdruck. Er möchte mit seinen Songs etwas erzählen und steigt deswegen ganz in sie ein, bietet sie dem Publikum an. Was aber am meisten freut, ist der unglaubliche Spaß, den Semotan ausstrahlt. Diese Lust auf der Bühne zu stehen, merkt man in jeder Faser. Dann kommt noch eine große Portion Humor und Lockerheit dazu – Humor ist im Übrigen die beste und wahrscheinlich einzige Lösung, wenn man nach Luc Devens dran kommt.
Paart man Semotan und Devens dann noch zusammen ergibt das Prickeln auf der Bühne wie bei „Under Pressure“ von Queen, einer der ersten Songs des Abends. Der ist gleich einmal voll eingeschlagen, denn die beiden haben gemeinsam mit so einer spürbaren Freude performt, dass man selbst auch nur mehr strahlen konnte.
Die Songauswahl war neben ein paar Ausreißern ähnlich wie beim letzten Konzert, ich hätte mir ein bisschen mehr Kreativität gewünscht.

„Die unstillbare Gier“ war eher eine schlechte Wahl, dafür gab es ein „Carpe Noctem“, das um Welten besser geklungen hat, als man es zuletzt im Ronacher vernehmen konnte, und „Das Gebet“ aus den Vampiren geht grundsätzlich immer – so eine schöne Nummer. Jesus Christ Superstar war gegeben des Datums sehr passend und wenn man schon Luc Devens an Bord hat, muss man diese Songs ins Programm nehmen, man hat keine andere Wahl.

Neben Devens und Semotan bestand das Musical Unplugged-Ensemble diesmal noch aus Organisator Florian Schützenhofer, Peter Neustifter, Michael Vinzenz und Florian C. Reithner.

Florian C. Reithner – der Gute spielt was er will. Und wie er will. Ein Wahnsinns-„Piano-Player“, der sich den Spaß nicht nimmt, die Sänger immer wieder aus dem Konzept zu bringen oder zumindest sie ein bisschen herauszufordern. Durchaus eine sehr witzige Komponente, wenn die Phantasie mit ihm durchgeht und er daherspielt, was sich gerade ergibt, worauf er gerade Lust hat, was ihm gerade einfällt. Genial – mit ein paar Abstrichen, denn manchmal ist es dann doch ein bisschen zu viel. Gerade z.B. bei „Wart bis hamlich wird und stü“, das doch irgendwie eher ein ruhigerer Moment werden sollte – durch ein bisschen „Ablenkung“ von Reithner kam dann eine komische Komponente hinzu und die Stimmung hat sich geändert. Ab und zu ist für mich dann doch weniger mehr. Florian Schützenhofer hat sich aber dadurch nicht rausbringen lassen und sang die Nummer mit Gefühl zu Ende.
Bei Peter Neustifter habe ich immer das Gefühl, er kontrolliert sich zu viel, obwohl er mir diesmal schon etwas lockerer vorgekommen ist. Wie es sein kann, wenn er einmal den persönlichen Schutzwall ein bisschen einbrechen lässt, hat man in „Moving to fast“ aus The Last 5 Years gesehen. Ein kleines Hoppala zu Beginn hat ihn kurz herausgebracht und ich glaube, dass ihm das eine große Hilfe war, sich daraufhin diesem Song zu widmen, der ihn zwar herausgefordert hat, aber trotzdem eine der besten Nummern des Abends war. Im Duett „Die Schatten werden länger“ mit Michael Vinzenz übermannte sein Rudolf deutlich den „Tod“, der sich – wäre dies „Elisabeth“ – ein anderes Opfer hätte suchen müssen. Der „Tod“ hatte in diesem Fall jedenfalls nicht das Sagen. Leider enttäuschte Vinzenz auch in den meisten anderen Musical-Nummern – gut, seine Stimme schien auch belegt, aber sieht man darüber hinweg, der Funke sprang leider nicht wirklich über. Allein in seinem Solo „Portami a ballare“ schien er ganz in seinem Element, ein schöner Song!

Das „Herzstück“ von Musical Unplugged sind die – wahrscheinlich inzwischen legendären – Duette von Semotan und Schützenhofer. Kann man nicht erklären, muss man gesehen haben. Definitiv Highlights des Abends. Ebenso wie die Kirchen-„Schlager“, die auch nie fehlen. Florian Schützenhofer baut sie immer gut ins Programm ein und auch wenn sie vielleicht für manche lächerlich erscheinen, im Ensemble mit tollen Männerstimmen gesungen, geben diese einfachen Melodien echt etwas her.

Was auch immer funktioniert sind die „Switch-Nummern“ – also Mann singt Frau. So geschehen u.a. bei „Nichts, nichts, gar nichts“ (von eineM großartigen „Elisabeth“ – Jakob Semotan) und „Mrs. de Winter bin ich“ von Neustifter und Semotan – gelungen!
Zu diesem Programm gab es dann auch noch die wahrscheinlich beste Lichtshow, die Hennersdorf je gesehen hat – da spielt es sich ab. Der Saal ist für dieses Spektakel etwas zu klein und deswegen wirkt das Ganze manchmal zu viel, aber die Lichteffekte können sich schon sehen lassen.

Es hat sich ausgezahlt einen kleinen Ausflug ins "9er-Haus" nach Hennersdorf bei Wien zu machen und was von diesem Abend bleibt ist vor allem die Vorfreude auf das nächste Konzert am 29. Mai in Perchtholdsdorf, mit einem größeren Ensemble auf einer größeren Bühne - wie ich mich darauf freue!

LINKS:
- Musical Unplugged 6 Kritik
- Musical Unplugged
- youtube channel Musical Unplugged

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