Die Kons-Bachelor-Shows sind generell immer so ein Erlebnis dieser Kategorie und meistens finde ich gar keine Worte oder halte mich kurz, man muss selbst gesehen haben, was da passiert. Wenn man einen Jahrgang über seine Ausbildungszeit hinweg beobachtet, werden einem die Gesichter vertraut, man kennt sich, auch wenn man sich nicht unbedingt persönlich kennt. Es ist eine ganz merkwürdige, eigenartige Sache. Kommt es dann zum Abschluss, wird man selbst ein wenig melancholisch, doch vor allem staunt man, was aus den jungen Menschen geworden ist.
Doch langer Rede kurzer Sinn...die Bachelor-Show des diesjährigen
4. Jahrgangs hat einfach ein paar Worte verdient, auch wenn Worte den sieben
Absolventen eigentlich kaum gerecht werden können!
Was dem letzten Jahrgang an männlichen Darstellern gefehlt
hat – nur Christof Messner hat die Stellung gehalten und das, ohne Frage,
äußerst ehrwürdig –, konnte dieses Jahr mit fünf Absolventen wieder ganz und
gar aufgeholt werden. Jetzt mussten Caroline Zins und Andreja Zidaric für die
Frauenriege geradestehen.
„Kunstwerke der Individualität“ kann man nennen, was man an
diesem einen Abend (von insgesamt drei) geboten bekommt. Jeder Absolvent hat
die Möglichkeit ein ganz eigenes Programm zusammenzustellen – mit ein paar Vorgaben - und es ist immer spannend zu sehen, was daraus gemacht wird, gemacht werden
kann.
Meine großen Erwartungen an die Talente des vierten
Jahrgangs wurden nicht enttäuscht – es ist ein unglaublich starkes „Ensemble“
an Individualisten.
…und wer könnte diesen Reigen an Talent besser eröffnen als
Flo Stanek, der sich zügellos mit „I want to break free“ ins Geschehen wirft.
Dass ihm das Geschichten erzählen liegt, merkt man. Sein Programm ist eine fein
abgestimmte Story, bei der man aus dem Lachen nicht mehr herauskommt - vom ländlichen
Friseur, dessen Traum sich auf ganz unerwartete Art und Weise erfüllt und der
sich letzten Endes einfach ausleben kann, so wie er ist („I am what I am“). Als
fulminanten Schlussact darf man ein „Priscilla, Queen of the Desert“-Medley der
Extraklasse erleben, bei dem Stanek kurz von Tina Turner aka David A. Rodriguez
das Rampenlicht gestohlen wird.
Stanek hat so ein exaktes Gefühl für Timing – da sollte sich
so mancher Schauspieler ihn als Vorbild nehmen. Bei meinen Favoriten ganz vorne
dabei, die Szene aus Nestroys „Frühere Verhältnisse“ mit Peter Kratochvil. Oh,
wie ich dieses „alte“ Wienerisch liebe…das sprudelt aus den beiden nur so
heraus und hat so etwas Unmittelbares, etwas entwaffnend Ehrliches – herrlich! Übertroffen
nur noch durch die „Billa-Verkäuferin“ aus „Haar an der Glatzach“ – das kann
man nicht überbieten, nicht einmal er selbst. Und wäre das alles nicht schon
genug, setzt Stanek als „Sprachakrobat“ der Sonderklasse noch einen drauf – und
zwar mit gelungenen Song-Übersetzungen aus den Programmen seiner Kollegen. Wir
werden sehen, ob die VBW nicht lieber Stanek als Übersetzer von „Legally Blonde“
engagieren hätten sollen…
Was soll da noch nachkommen fragt man sich – aber zu Unrecht,
denn was oder besser wer danach kam, hat mit dem Mithalten keinerlei Probleme.
Sebastian Brandmeir – zweiter Kopf hinter „Tee um Drei“ – eröffnet mit „Opernboogie“
von Georg Kreisler. Eine „Verausgabung“ der besonderen Art, eine Hommage an
einen großen Künstler, doch wesentlich spritziger als das Original. Eingebettet
in einen roten Faden, der Beziehungsprobleme und -fragen aufwirft und in einer „wilden
Party“ endet – samt grandioser Lateintanz-Sequenz mit Unterstützung von
Matthias Weißschuh und Mira Kratochvil. Nicht zu vergessen: die Kollage aus „seriöser Burg“ und „deutschem Regietheater“!
Der nächste im Bunde: Konstantin Zander. Ich gestehe, dass
meine Erwartungen eher zurückhaltend waren, aber ich wurde eines Besseren
belehrt. Im Rahmen von Szenen aus Albert Ostermaiers „99 Grad“, setzt sich
Zanders „Karl-Heinz“ – ähem! – eingeschlossen im Aufzug, gezwungenermaßen mit sich
selbst auseinander. Gefangen zwischen Panikattacken, Selbstkonfrontation und
Wahnvorstellungen hören wir wunderbare Melodien wie „And The Rain Keeps Falling
Down“ (aus Elegies), „She Cries“ (Songs for a New World) neben Mozarts
Vogelfänger und Erhards „Mein Mädchen“. Ein
durchdachtes Konzept mit gelungener Durchführung!
Vor der Pause durfte dann auch einmal eine Frau ans Werk.
Caroline Zins zeigte sich in ihrer Abschlusspräsentation als dualen Frauencharakter.
Das Mädchen von Nebenan, mit bösen Hintergedanken. Eingeleitet mit dem „Kuss der
Spinnenfrau“ bildeten Szenen aus Fassbinders „Bremer Freiheit“ die Grundlage
der Geschichte. Von den Männern enttäuscht vergiftet „Gesche“ einen Mann nach
dem anderen – sei es nun Georg Leskovich, Konstantin Zander oder auch später
Oliver Liebl. Die Assoziation von „Wiener Blut“ mit einem Giftcocktail bekomme
ich wohl nicht so schnell wieder aus dem Kopf. Grandios: „Ein Neandertaler“ (Chanson
von Günter Neumann). Am Schluss ging es dann noch einmal hart zur Sache, zu
Klängen von Rihannas „S&M“ ließ sich Zins durch die Lüfte schleudern und
zeigte Johannes Nepomuk und Manuel Heuser wo’s lang geht…
Nach einer verdienten Erholungspause kam dann Timo Verse an
die Reihe, der seinen Ausdruck vor allem im Tanz fand. Vor einem
selbstentworfenen Bühnenbild erzählte auch er eine kleine Geschichte – von
einem Mann, der am Tiefpunkt einen Lichtblick erfährt. Seine Monologe bringt er
sehr ehrlich und gefühlvoll, doch der Höhepunkt der Performance ist der Tanz zu
John Mayers „Dreaming with a Broken Heart“. Die Choreografie wurde von Mia
Michaels inspiriert, die für ihre Arbeit bei „So you think you can dance“ schon
einige Emmys abstauben konnte. Es gibt Gefühle, die man nur tanzen kann, Timo
Verse und Franziska Kemna schaffen dies mit einer fesselnden Leichtigkeit in
diesem „Duett“. Verse findet hier seinen ursprünglichsten Ausdruck, leider ab
und zu auf Kosten des Gesangs, aber sehr überzeugend.
Andreja Zidaric beginnt ihr Programm mit zwei Songs aus „Smash“
– eine gute Wahl. Ihre Präsentation kommt allerdings etwas konzeptlos daher;
es muss ja auch kein Konzept geben. Mag sein, dass ich es aber auch einfach nicht mitbekommen habe,…das hat aber
keinen Einfluss darauf, dass sie jede einzelne Nummer mit sehr viel Elan und
Energie performt hat – vom „Lied der Köchin“ inklusive beeindruckendem
Multitasking, über „So viel besser“ aus „Legally Blonde“ und das Chanson „Unmusikalisch“ bis hin zu „Love Never Dies“. Einzig allein
die Szene aus Shakespeares „Sommernachtstraum“ war etwas enttäuschend. Erstens,
weil sie schon ziemlich abgedroschen daherkommt und, zweitens, leider auch ohne
jeglichen Pathos gespielt wurde.
Kommen wir nun zum krönenden Abschluss. Oliver Liebl hat
lange durchhalten müssen, um endlich auf die Bühne zu dürfen, aber dann hat er
den Vogel abgeschossen – finde ich. Also zuerst war da mal der „Märchenprinz“ (EAV)
– einer meiner All-Time-Favorites. Vor den Augen des Publikums gab es ein
Revival der 80er Jahre wie man es sich nur vorstellen kann. Zwischen kaugummikauenden,
in merkwürdigen Tanzmoves durch den Raum
bewegenden Gestalten– ganz zu schweigen von der Kleidung – sang und spielte
sich Liebl über die Bühne (aus dem Ensemble besonders hervorstechend: Johannes
Nepomuk und Glenna Weber). So und jetzt gehen mir die Worte schon fast aus... Eigentlich ist es eine simple Story, die hier präsentiert wurde. Von der Liebe
enttäuscht schwört ein Mann den Frauen ab und setzt sich mit dem Allein-sein
auseinander; doch erkennt er bald, dass die „Chose“ doch nicht ohne geht. Eine einfache
Geschichte, der Liebl doch so viel mehr verleiht als man für möglich hält. Neben
seinem Gespür für Humoristisches besitzt er eine unglaubliche Tiefe, die man
als Zuschauer nur erahnen kann. Da steckt so viel drinnen und das Besondere:
man kann Liebl denken und fühlen sehen. Anders kann ich das nicht ausdrücken.
Er sitzt da auf einem einfachen Stuhl, es ist still und die letzte Szene wirkt
nach – man weiß noch nicht, was geschieht, denn man befindet sich im Moment,
ist völlig gegenwärtig mit dem Charakter. Da braucht es nicht übergroße Mimik
oder sonstigen Ausdruck, Liebl braucht keinerlei äußerliche Mittel um seine Botschaft
zu transportieren. Es ist verblüffend und hat mich mit einem Gefühl
zurückgelassen, gleichzeitig leer und voll zu sein. Besonders in einem Moment –
Josh Grobans „Broken Vow“. Was für ein Song, was für eine Interpretation – nichts
kann das Erlebte so gut zusammenfassen. Oliver Liebl ist ein „triple threat“
mit allen Vorzügen – da kann man dem Linzer Landestheater zu diesem Glücksgriff
nur gratulieren. Wenn man einen so vielseitigen Künstler an der Seite hat, dann
könnte hinter dem Konzept eines Musical-Ensembles tatsächlich etwas dran sein –
ich bin gespannt.
Ein paar Worte habe ich also doch gefunden…auch wenn sie
wahrscheinlich nur einen Bruchteil von dem beschreiben können, was bei der
Bachelor-Show geboten wurde. Ich freue
mich schon wieder auf das nächste Jahr und beende die "Abhandlung" mit einer
tiefen Verneigung vor diesen sieben Künstlern!
Hallo,
AntwortenLöschennachdem ich (ziemlich verspätet) meinen Bericht auch endlich fertig gestellt habe, hab ich mir erlaubt deinen zu lesen: ja, ja und nochmal ja. Volle Zustimmung.
Ich habe die Absolventinnen und Absolventen zwar bisher nicht verfolgt, war aber von ihren Leistungen ebenso überzeugt.
Liebe Grüße