Dennoch bin ich froh, dass ich diesen Sommer die Möglichkeit
hatte „Titanic“ live in Staatz zu sehen. Das Bühnenbild ist
imposant und die Felsenbühne ideal für den Schauplatz des Stücks. Sogar einen „realen“
Eisberg sieht man da vor sich.
Genau hundert Jahre nach dem schrecklichen Unglück der „unsinkbaren
Stadt auf dem Meer“ ist die Geschichte immer noch tragisch und aktuell – das
klar zu machen, schafft das Musical allerdings. Viel mehr nicht, aber
vielleicht war genau das die einzige Intention.
Tiefgang sucht man vergebens, keiner der Charaktere hat die
Chance wirklich hervorzutreten, „mehrdimensional“ zu werden. Nur die „Titanic“
selbst ist wirklicher Protagonist - sie ist Schauplatz, Hauptdarstellerin, Zentrum.
In Staatz setzt man wie eh und je auf junge Musicalstudenten
und –absolventen. Hier kann man sehen, was die Zukunft bringt. In diesem
Musical ist das aber leider etwas schwer, denn die Figuren lassen nicht viel
Raum, allerdings müssen einige Herausforderungen bewältigt werden:
- Was die Menschen in diesem Musical angeht, kommt
leider vieles zu kurz. Als Darsteller muss ich mit dem Wenigen arbeiten, das
mir hier zur Verfügung steht und meinen Charakter in wenigen Worten, Gesten,
etc. bestmöglich herausarbeiten
- Dann kommt der Faktor der Freilichtbühne
hinzu, die Zuschauer sind alle weit weg. Mimik und Ausdruck in Augen etc. hat
also wenig bis keine Wirkung – heißt: ich muss alles über meine Stimme und die
Bewegung erzählen.
Einige meistern diese Herausforderungen, werden aber
trotzdem immer wieder vom Stück erdrückt – ich empfinde es jedenfalls so. Mir
fehlt der Raum für die Charaktere, mir fehlen die Menschen. Vielleicht ist es aber
einfach nur nicht „my kind of musical“.
Die Tragödie wird erzählt, dazwischen erfährt man etwas über
die unterschiedlichen Passagiere der Titanic, gerade so viel um am Ende
betroffen zu sein. Das gelingt auch in Staatz. Die Stage- und Toneffekte sind
perfekt eingesetzt, um den Untergang des Schiffs direkt vor sich miterleben zu
können. Am Ende: Lichterkreuze für die Opfer – ein wunderschönes Bild.
Wenn man sich wenigstens mehr auf die paar Charaktere konzentriert hätte, die am „zuänglichsten“ erscheinen, weil man sich mit ihnen
identifizieren könnte. Ob dann die meisten anderen nur „angeschnitten“ werden,
wäre dann wahrscheinlich egal. Gerade Offizier Murdoch, Funker Bride, Heizer
Barrett und dritte Klasse Passagier Kate (u.a.) hätten etwas mehr „Ausarbeitung“
vertragen – das sind (für mich) die Charaktere, die mich noch mehr in die
Geschichte ziehen würden.
Johannes Nepomuk, Oliver Liebl, Philipp Büttner und Caroline
Zins schaffen es jedoch diese Charaktere zum Leben zu erwecken, und zwar so,
dass man gerne mehr von ihnen erfahren würde – doch leider steht ihnen da das
Stück selbst im Weg.
Die Lacher hat Tanja Petrasek auf ihrer Seite. Als Alice
Beane, Passagierin der 2. Klasse, die sich gern unter die Reichen und Schönen
mischt, oder diese zumindest mit einem Fernglas leidenschaftlich gerne
beobachtet. Mit ihrem „gschaftigen“ Gang und ihrer Körpersprache positioniert
sie ihre Figur gleich von Anfang an perfekt. Rupert Preißler steht ihr als
Ehemann Edgar zur Seite und auch er vermag es seinen Charakter bestmöglich
darzustellen. Man kauft ihm ab, dass er seine Frau sehr liebt – auch wenn sie
unglaublich anstrengend ist und ihm sicher oft auf die Nerven geht. Beide
harmonieren sehr gut miteinander, es ist eine Freude ihnen zuzusehen!
Michael Konicek, Manuel Heuser, Philipp Dürnberger, Steven
Klopp, Alixa Kalaß, Angelina Nigischer-Traxler und Nico Schweers spielen
ebenfalls mit Pathos, stoßen aber immer wieder an die Grenzen des Stücks, das
einfach nicht mehr zulässt.
Auch Werner Auer als Schiffsarchitekt Andrews und C.A. Fath
als Kapitän machen sich ebenfalls gut in ihren Rollen, beide sind sehr präsent.
Was leider das Gesamtbild stört – wenn man jetzt ins Detail
geht: der aufgemalte six pack von Barrett (wenn schon gemalt, dann etwas naturalistischer bitte!), die Perücken der
irischen Frauen – Caroline Zins, Alexandra Kloiber und Karolin Konert mussten
mit roten Perücken herumlaufen, die einfach nur „aufgesetzt" und falsch wirken (nicht alle
Iren haben rote Haare, da hätte man ruhig die Darstellerinnen mit ihrer
natürlichen Haarpracht spielen lassen sollen) und die „schwangere“ 1.
Klasse-Passagierin, die Champagner ohne Ende säuft und das Tanzbein in die
Lüfte schwingt – wenn das bewusst so inszeniert wurde, kommt der Joke nicht bei
mir an (da hätte mir die gezwungenermaßen trockene, beim Tanzen einfach nicht
mehr mitkommende Schwangere besser gefallen – auch das kann man lustig in Szene
setzen…).
Gestern war Derniere in Staatz und auch sicher wieder bis auf
den letzten Platz ausverkauft. Nächstes Jahr ist „Disney’s Die Schöne und das
Biest“ dran und ich freue mich darauf!
Nächsten Dienstag gibt es übrigens eine Musical-Gala auf der
Felsenbühne. „Musical unter Sternen“, am 14. August, um 20 Uhr. Tickets kosten
27 Euro. Infos HIER.
*Photo by Harald Schillhammer via
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