Donnerstag, 15. November 2012

Elisabeth - take #3


Wenn man einen Platz bucht, der gar nicht vorhanden ist – so fängt das Ganze schon einmal an. Gekommen ist man –also ich – um Riccardo Greco als Lucheni zu sein, bis die Kartenkrise gelöst war, war der Prolog schon voll im Gange. Die ersten wichtigen Auftrittsminuten dahin – aber dafür tröstete man mich mit einem Upgrade, auch nicht schlecht…
Also: Riccardo Greco, meine Erwartungen waren hoch. Ich halte große Stücke auf ihn und zwar seit einem bestimmten Zeitpunkt bei „Ich, Tarzan, Du, Jane!“ (siehe hier - ab 5:50 min).  Es mag vielleicht lächerlich sein und man kann u.a. mit dem Argument kommen, dass es sich um eine TV-Show handelt, die zusammen geschnitten wird, auf emotionale „Verzettelung“ angelegt ist oder was auch immer, aber für mich ist es nicht lächerlich – Grecos künstlerisches Potential hat sich mir in jenem Moment offenbart, als er seine Angst überwunden hat und „weggeflogen“ ist.

Dieser Moment – dieser Ausschnitt von „Against All Odds“ ist mir damals so nahe gegangen und geht mir immer noch nahe, wenn ich mich daran erinnere. Es war irgendwie etwas Besonderes.
Große Erwartungen führten mich gestern ins Raimund Theater. Große Erwartungen, die nicht enttäuscht wurden. Was kann ich über Grecos Lucheni sagen? Er nimmt sich Freiheiten und zwar die richtigen. Er weiß wo er sie nehmen darf und spielt so seine ganz eigene Version von Lucheni. Ein guter Darsteller kann das, ein guter Darsteller darf das und muss das.

Riccardo Greco spielt Lucheni unkontrolliert – im positiven Sinn. Er wirft sich in die Rolle hinein, ohne Angst, ohne zu viele Gedanken, aus dem Bauch heraus. So zumindest sehe ich es, als Zuschauer. Bestes Beispiel: Milch.
Stimmlich lässt er die Sau heraus – er phrasiert gut, übertreibt, wo zu übertreiben ist, haut sein Vibrato hinein, wo es passt. Greco outriert in seiner Rolle an den richtigen Stellen (Mimik!), und kommt an anderen wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, um die Verbindung zum Publikum zu festigen. „Kitsch“ klingt bei ihm wie ein Vorwurf an das Publikum, es klingt „angewidert“ - Greco spielt das zentrale Thema des Songs gerade heraus. Riccardo Grecos Lucheni ist alles andere als einfach gestrickt – er bespielt hier viele Ebenen, oft sehr nuanciert. Spannend sind dann Momente, in denen auf der vermeintlichen „dreckigen“ Oberfläche des Anarchisten, die tiefere Ebene sichtbar wird und Unsicherheit oder Angst lesbar werden.

Riccardo Grecos großer Vorteil ist die Authentizität des Italienischen. Für die Rolle muss man zwar kein Italienisch können, aber wenn man diese Sprache schon nicht beherrscht, dann sollte man sich trotzdem in sie fallen lassen können – und das bedeutet mehr als nur ein rollendes „r“, es bedeutet vor allem eine lockere Zunge und keine Hintergedanken, einfach "raus" damit. Tja, Greco hat dieses „Problem“ jedenfalls nicht…und das ist wirklich ein Vorteil – da kommt einfach heraus, was heraus kommt, auch abseits von geschriebenen Textzeilen und das mit einer Leichtigkeit…herrlich.
Luigi Lucheni ist bei Greco vielfältig, aber vor allem auch ein schmieriger, rotziger „Spieler“. Ein junger Mann, der sich aus seiner Unsicherheit heraus und so viel anderen unterdrückten Gefühlen, aufplustert, um besser dazustehen, als er eigentlich ist. Er fährt sich mit dem Arm über die Nase – vielleicht ein paar Mal zu oft – und nimmt das „Rotzig-Schmierige“ so auch in seine Gestik. Ein Erlebnis.

1 Kommentar:

  1. Damals war es besser als jetzt, aber es ist immer noch ein sehr gutes Musical...ein bisschen Zeit hast du ja noch, es läuft noch bis Juni, wenn nicht länger!?

    LG, Julia

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