Freitag, 20. August 2010

Josef E. Köpplinger bei den „Brückengesprächen“

Als ich gestern zufällig in der Zeitung las, dass Josef E. Köpplinger – Intendant des Stadttheater Klagenfurt – heute Vormittag zu Gast bei den Klagenfurter Brückengesprächen ist, habe ich mich spontan dazu entschlossen, mich ins Strandbad aufzumachen, um dort dem Interview beizuwohnen.

Über eine Stunde nahm sich Köpplinger Zeit für Fragen und zeigte sich als offener, lustiger, mutiger und sehr ehrlicher sympathischer Mann. Mich hat das Gespräch sehr beeindruckt und ich habe mir viel mitnehmen können. Nicht nur über das Theater, sondern auch über das Mensch sein und das Leben.

Zuschauer gab es fast keine. Ein paar Badegäste, vorwiegend aus der älteren Generation, ein paar Journalisten, ein paar unfreiwillige Zuhörer – rund 25 Personen. Köpplinger gab offen zu, vor Interviews nervös zu sein und so war es gut, dass der Rahmen nicht allzu groß war und in angenehmer Atmosphäre stattfand. Der Wörthersee im Hintergrund, aber auch die dem Untergang geweihte Wörtherseebühne in unweiter Nähe. Im „Brückengespräch“ ging es um Gott und die Welt, Theater, Kindheit, Politik, Zukunft – das Leben.

Die erste Frage? Warum Josef E. Köpplinger immer eine Baseballkappe trägt. Sie ist fast schon zu seinem Markenzeichengeworden, die blaue Kappe – doch eigentlich trägt er sie, weil er lichtempfindliche Augen hat. Werbung würde er nie damit machen wollen.

Eigentlich hatte er nicht daran geglaubt Intendant des Klagenfurter Stadttheaters zu werden, da er weder Lobby noch Parteizugehörigkeit aufweisen konnte. Doch mit dem Vertrauen des verstorbenen Vorgängers Dietmar Pflegerl hat er dann doch diesen Schritt gewagt und ihn – zumindest NOCH – nicht bereut.
Mit Ende der Spielzeit 2011/12 wechselt Köpplinger an das Theater am Gärtnerplatz in München. Ein Haus mit Musiktheatertradition. Eine neue Herausforderung in einem von Köpplingers „Traumhäusern“. Zu diesen Theatern, die für ihn mit viel positiver Energie verbunden sind, zählen auch die Wiener Volksoper und die Grazer Oper. Zwei Häuser für die er immer wieder inszenieren durfte. Auch wenn er in München „Staatsintendant“ wird, der Titel bedeutet ihm nichts. Allerdings ist es für ihn eine große Ehre dort hin berufen zu werden. Von der Bandbreite sei das Gärtnerplatztheater wie die Wiener Volksoper. Experimentieren ist und sollte möglich sein. Köpplinger tut genau das. Er ist ein leidenschaftlicher Theatermensch.

Wer aber wird seine Nachfolge antreten? Diese Frage soll ein Gremium beantworten und fünf Finalisten festlegen. Ursprünglich wollte Josef E. Köpplinger kein Teil dieser Jury sein, doch als er nach geeigneten Mitgliedern für das Gremium gefragt wurde, nannte er Namen wie Robert Meyer und Ioan Holender, und schließlich entschied er sich doch dazu selbst mitzuberaten, da er das Haus kenne und für dessen Zukunft nur das Beste wolle. Immerhin schließt man ein Theater über die Jahre ins Herz und denkt für den Betrieb in die Zukunft.

Auf die Frage, ob denn der Erfolg eines Stücks vorhersehbar wäre, antwortete der 46-jährige, dass Erfolg nie beeinflussbar sei. Natürlich merkt man bei den Endproben, was im Prozess gelungen ist, aber auch die Stimmung bei einer Premiere – die merkwürdigerweise oft eher zurückhaltend ist – sagt letztendlich nicht viel aus. Beim Inszenieren soll jedoch nicht Provokation das Ziel sein, Skandal ist nie, was Skandal sein will. Wenn aber das Allgemeine zum Wichtigsten wird, dann wird es nie etwas Besonderes geben.

Beim Theater geht es Intendant Josef E. Köpplinger ums Geschichten erzählen. Er hat keine Lieblingspate. Die Unterscheidung zwischen Spaten hält er für unnötig - in London würde schließlich auch nicht strikt getrennt werden. Theater ist ein Ort der Reflexion, eine Art „Zeitung für das Volk“. Genau deswegen steht für ihn auch Shakespeare über allem. Die derbe Ehrlichkeit sieht er als überaus erfrischend. Auch Stephen Sondheim gehört für ihn zu jenen Künstlern, die ihrer Zeit immer voraus sind. Erst jetzt sei seine Musik auch wirklich bei den Menschen angekommen – hier zeigt sich die Genialität dieses Komponisten.

Interessant die Frage, was denn einen guten Intendanten ausmache und wie Köpplinger seinen Führungsstil beschreiben würde. Er habe sich diese Frage noch nicht gestellt und wüsste die Antwort eigentlich nicht, meinte er zu anfangs. Doch ein paar Eigenschaften, die eine Art Voraussetzung für einen Intendantenposten seien, kamen dann doch zusammen. Der Theatervirus, Direktheit, Menschlichkeit und den Mut, die Einsamkeit an der Spitze zu akzeptieren, auszuhalten und manche Entscheidungen alleine zu treffen. Außerdem müsse man in der Lage sein, Versagen einzugestehen und Konsequenzen zu tragen. Man sollte nie aufgeben man selbst zu sein. Er würde z.B. nie seine Infantilität aufgeben wollen. Sein eigener Führungsstil? Herzlich UND hart.

Als es zum Thema Wörtherseebühne kam, wurde Köpplinger ein wenig aufbrausend. Im positiven Sinn, denn es zeigt, dass ihm das Thema doch beschäftigt, die Unfähigkeit der Politik aber auf die Nerven ginge. Wörthersee-Festspiele hält er für die beste Idee und durchaus machbar. Sowohl aus organisatorischen, als auch aus finanziellen Gründen. Wenn aber die Kärntner Landesregierung an der Kultur sparen möchte, dann sollte sie es gleich lassen. Mit halben Sachen lässt sich nicht arbeiten. Das Stadttheater an sich kann eine Bespielung der Wörtherseebühne nicht umsetzen, da die Betriebsform nicht dazu geeignet ist. Im Moment ist das halbvermoderte Etwas, das da auf dem Wasser schwimmt, dem Untergang geweiht. Für eine führende Kulturnation der Welt, wie Österreich es ist, sei es jedoch schade die Chance auszulassen und nicht zu retten, was noch zu retten wäre.

Die Publikumsauslastung des Stadttheaters stieg in der Ära Köpplinger um bis zu 23 Prozent an und das zeigt, dass trotz Wirtschaftskrise die Leute ins Theater wollen. Im Jubiläumsjahr bringt das Stadttheater die Welturaufführung einer Cherubini Oper und im Februar dürfen sich die Musicalinteressierten auf eine österreichische Erstaufführung von Miss Saigon freuen.

Am 25. September hat das Musical „Hello, Dolly!“, bei dem Josef E. Köpplinger Regie führt, Premiere in der Wiener Volksoper. Viele bekannte Gesichter aus den letzten Stadttheater Inszenierungen sind mit dabei, Karten sind direkt über die Homepage der Volksoper erhältlich.

*Image via

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