Donnerstag, 27. Juni 2013

Bachelor-Show - Musikalisches Unterhaltungstheater - Konservatorium Wien


Die Bachelor-Show des Abschlussjahrgangs der Abteilung Musikalisches Unterhaltungstheater der Konservatorium Wien Privatuniversität gehört zu den Highlights meines Musical-Jahres und das mittlerweile schon seit einigen Jahren.
Jedes Jahr präsentieren sich junge Talente und zeigen was sie in den vier Jahren am Kons gelernt haben und was in ihnen steckt. Es ist jedes Mal ein Abend der (An-)Spannung, der Leidenschaft und vor allem der Emotionen. Dieses Jahr war es wohl auch – zumindest bei der Premiere – ein Abend des Schweißes, der einige weitere Herausforderungen mit sich brachte und vor allem von den männlichen Absolventen aufgrund der ständigen Mikropannen absolute Professionalität erforderte. Besonders Manuel Heuser hatte zu kämpfen und musste aus und in die Szenen springen, was er sich jedoch nicht groß anmerken ließ, sondern einfach reagierte. Nicht leicht hatte es sicher auch Johannes Nepomuk, der noch kurz vor seiner Abschlussnummer - dem emotionalen Höhepunkt seines Programmes – von einem Techniker ein Handmikrophon in die Hand gedrückt bekam. Hut ab – denn als wäre nichts gewesen sang Nepomuk trotzdem eines der emotionalen Highlights der gesamten Show mit einer Tiefe und Ehrlichkeit, die sehr berührte.

Johannes Nepomuk lieferte mit seinem gesamten Programm eine beeindruckende Performance ab, die nicht nur abwechslungsreich war, sondern auch einen weiten emotionalen Bogen spannen konnte. Die Zusammenstellung erwies sich als äußerst gelungen: ein schwungvoller Einstieg mit „Live in Living Color“ (Catch me if you can), eine wunderbar komische Nummer aus Wildhorns Wonderland  („One Knight“) samt allen (oder eher wenigen) „cheesy-moves“, die das Boyband-Spektrum zu bieten hat und diversen Gags von Ohrring bis übergroßer Anzug und Standmikro, ein bisschen „Smash“ und über den Einstieg „Immer nur lächeln“ (Das Land des Lächelns) zum Grönemayer-Abschluss „Ich hab dich lieb“ – ein Lied, mit dem Nepomuk trotz des Intermezzos den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Die Textkomponente bestand zum Teil aus Szenen aus Woody Allens Match Point, die eine gute dramatische Entwicklung erlaubten. Alles in allem ein perfekt zusammengesetztes Abschlussprogramm, in dem Johannes Nepomuk sein Talent beweisen konnte und deswegen noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Sich so ein Programm von zwanzig Minuten auszudenken, das sämtliche Anforderungen erfüllt – sei es nun Operette und Tanz (etc.) – aber auch die individuellen Stärken herausstellt sowie vielleicht auch noch eine gewisse Bandbreite der Darstellung zeigt, stelle ich mir als sehr schwierige Aufgabe vor. Es ist meines Erachtens ein hohe Kunst in zwanzig Minuten so viel wie möglich zu zeigen und sowohl sich selbst nicht zu verlieren als auch alle Vorschriften und andere Bedenken einzuhalten. Während dieses Jahr einige Absolventen den Vogel abgeschossen haben, da sie genau diese Vorgaben sehr individuell, mit eigenem Twist, umgesetzt haben, konnten andere wiederum nicht ganz so überzeugen wie sie es in vergangenen Produktionen bereits getan haben. Alixa Kalasz ist mir noch gut aus Rent – grandios als Maureen – und Tee um Drei in Erinnerung, ihr Bachelor-Programm war etwas einseitig und vielleicht zu eng, um sich ganz entfalten zu können. Doch keine Frage, ihr Talent ist groß und Kalasz spielte, sang und tanzte souverän, überzeugen konnte sie aber vor allem in den Supporting Roles in den Programmen einiger Kollegen.
Leider auch etwas blass wirkte Manuel Walcherberger. Ich weiß nicht genau woran es lag, aber der Funke wollte nicht so ganz überspringen. Man nehme seine Darstellung in Rent – ein Collins wie man ihn sich wünscht, eine Performance, die mich nachhaltig beeindruckt hat oder auch seinen Auftritt in Tschechows Drei Schwestern letzten Sommer (Armes Theater Wien) – da konnte man sehen, was in ihm steckt. Vielleicht war es auch die Premiere, die einfach nicht so glatt gelaufen ist, denn leider konnte Walcherberger nicht alle seine Register ziehen und nur ansatzweiße sein großes Talent zeigen (wie z.B. in den „Rache“-Szenen aus „Sleuth“).

Die beiden anderen Männer im Bunde sind Manuel Heuser und Dieter Hörmann. Heuser hatte am schlimmsten mit der Technik zu kämpfen, bestand die Herausforderung jedoch bravourös. Hinein und hinaus aus der Szene – ohne Probleme, Hut ab! Sein Programm bestand aus Monologen aus Martin Heckmanns „Finnisch“, die einen roten Faden spannten und Raum für eine vielfältige Songauswahl ließen – u.a. Jonathan Reid Gealts „Quiet“, „Was hat sie nur an sich?“ (Lippas „Wild Party“) und „Feeling Good“. Erfrischend, sympathisch und perfekt auf sein Können abgestimmt. Ebenso und doch ganz anders Dieter Hörmann. Ein Unikat der Sonderklasse, dessen Programm den roten Faden roten Faden sein ließ und einfach machte. Auch das funktioniert, wenn jede einzelne Nummer so auf den Punkt gesungen und gespielt wird. Egal ob Sondheim (Nothing’s Gonna Harm You), Bernstein (Maria), Benatzky oder „Moving Too Fast“ (The Last 5 Years) mit neuem Text in „Voitrottl“-Manier. Dazwischen dann noch eine „Stumme Szene“ – passend zum Sommer, die auch nicht mit Worten beschrieben werden kann und „Auf den Flügeln des Gesanges“, ein genialer Sketch, den ich das letzte Mal bei Mark Seiberts Kons-Prüfung gesehen habe (damals mit Peter Lesiak). Eine Szene mit der Hörmann gemeinsam mit Johannes Nepomuk „abgeräumt“ hat. Überhaupt hat sich letzterer auch in den Supporting Roles nichts nehmen lassen, alles gegeben und hier noch weitere Qualitäten zu Tage befördert.
Der Preis für das kreativste Konzept geht an Tanja Petrasek, die den Leonie-Rysanek-Saal in das altbekannte „Herzblatt“-Studio umwandelte, um gleich alle drei Kandidatinnen zu spielen: die Renate mit „gewaschenem“ Dialekt aus Wien, die Susi mit S-Fehler aus St. Pölten und Katharina aus Liechtenstein, die gerne mal tschechische Art-Filme zur Entspannung schaut. Eingebettet in das Setting war u.a. Operettiges, „Mein Sinn für Stil“ (Aida) und „Männer“ (Drei Musketiere). Mit Maria Bills „I mecht so gern landen“ konnte Petrasek in einem einzigen Song zeigen, was in ihr steckt. Diese Performance ging derart ans Herz, dass man den Schmerz fast selbst spüren konnte – eine große Leistung!

Salka Weber ist ein „Triple Threat“, denn sie überzeugte auf allen drei Ebenen gleichermaßen. Ihr schauspielerisches Können kam in ihrem Programm besonders gut hervor und zusammen mit Michael Souschek spielte sie zunächst eine problematische Paarbeziehung, bevor sie sich dann den wahren Problemen dahinter in einer Gruppentherapiesitzung widmete. Gelungen zusammengesetzt mit tollen Tanz- und Gesangnummern, nur Carmens „Habanera“ zu Beginn wollte nicht so richtig. Aber das hatte man am Schluss ihrer Szene schon fast ganz vergessen. Die Monologe sprühten von natürlichem Spiel und das hat nicht losgelassen und eine ganz eigene Verbindung zum Publikum hergestellt.

Auch Franzsika Kemna konnte mit ihrem Bachelor-Programm voll und ganz überzeugen. Es schilderte die Schwierigkeiten des Künstlerdaseins sei es nun die Härte des Berufsalltags oder Beziehungsprobleme (an ihrer Seite in diversen Rollen: Adrien Papritz - großartig!) und suchte sich dann eine Fluchtmöglichkeit in einem Pakt mit dem „Teufel“ – Ruhm und Erfolg auf allen Ebenen. Auch dieses Setting ließ viel zu – von Klassiker „Maybe This Time“ und über das komische Chanson von Pigor & Eichhorn „Was willste denn in Wien?“ und Pasek & Pauls „Perfect“ (aus Edges) bis hin zur Tanznummer „Die roten Stiefel“. Ein gelungener Abschluss eines – wie immer – bunten und beeindruckenden Abends.
Etwas auffallend: ein scheinbarer – und wahrscheinlich nicht dezidiert beabsichtigter – Schwerpunkt auf Beziehung, Betrug und Sex. Irgendwie interessant, aber über Beziehungen lässt es sich ja immer gut reden...

Das i-Tüpfelchen der Bachelor-Show waren die Ensemble-Nummern, in denen sich die acht „Wegbegleiter“ noch einmal zusammen präsentieren konnten. Shreks „Freak Flag“ mit kleinem Seitenhieb auf einige Kons-Lehrende und einer großen Portion Selbstironie war definitiv ein Highlight des Abends. Mikas „Happy Ending“ war letztlich doch nicht das Ende, sondern nur die Vorstufe zum Reprise von „Freak Flag“, das ich am liebsten gleich noch ein paar Mal gesehen hätte. Herzlichen Glückwunsch an die acht Absolventen!

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