Dienstag, 29. Mai 2012

Uraufführung: Tee um Drei - Musicaloperette am Konservatorium

"Tock tock tock – wer steht draußen vor der Tür und will rein…“ – was für ein Ohrwurm. Ich singe ihn noch am Donnerstag auf meinem Morgenflug nach London vor mich hin und auch jetzt noch, Tage später, geistert der eingängige Song in meinem Kopf herum…

Einen besseren Zeitpunkt als mir am Abend vor meinem London-Trip „Tee um 3“ am Konservatorium anzuschauen gibt es nicht. Spät aber doch finde ich nun ein bisschen Zeit, um in ein paar Worten darauf einzugehen. Die Erinnerung ist vielleicht nicht mehr ganz so frisch, aber es gibt Stücke, die man nicht einfach so vorbei ziehen lassen kann. Dazu gehört auch die gelungene Impro-Show des ersten Kons-Jahrgangs – dazu im Anschluss.
"Ein modernes Feuer im Unterhaltungstheater zu entfachen"  – eine Herausforderung. Gerade auch in dieser Zeit. Regisseurin Isabelle Fritdum gibt den beiden „Erschaffern“ der Musicaloperette „Tee um Drei“ Rückenwind und merkt im Vorwort an, dass hier etwas Neues und Gutes gelungen ist. Und das ist es. Kreativität und Mut – auch von Seiten des Konservatoriums, das anscheinend viel Vertrauen in die vielseitigen Fähigkeiten seiner Studenten setzt – zeigen Sebastian Brandmeir (Musik) und Florian Stanek (Buch & Liedtexte) mit ihrem gemeinsamen Erstling. Es ist Unterhaltungstheater wie man es sich wünscht und der erfolgreiche und überaus gelungene Abschluss eines Semesterschwerpunkts (Operette KONS-erviert):

Buch und Musik – spritzig, liebevoll, mit viel Humor und Happy End. Sympathische Protagonisten, fiese Gegenspieler mit Format, ein bisschen Verwechslung, ein bisschen Tohuwabohu mit Augenzwinkern, und am Ende ein bisschen „heile Welt“.
Florian Stanek hat hier seine Trümpfe ausgespielt – ich bin mir aber sicher, dass er noch mehrere im Ärmel hat - und ein lustiges, charmantes Buch geschrieben. Die ein, zwei aufgelegten Witze – für allzu vorhersehbare „Wuchteln“ bin ich meistens nicht zu haben – werden von mal feinfühligen, mal ordentlich „reinhauenden“ Pointen  überboten und fallen gar nicht weiter auf oder ein. Zur Orientierung sei aber jedem Zuschauer Staneks Kommentar zu Husten, Lachen und Bierkonsum im Programmheft empfohlen.

Gleich anschließend kann man dann auch erfahren wie die Ko-Produktion Brandmeir/Stanek so vor sich gegangen ist. Vom Basteln eines Ohrwurms, vertauschten Rollen, Ärgernissen mit dem Notationsprogramm, bis hin zur „Klausur“ am Grundlsee. Und den Leitmotiven. Die schmissige Musik von Brandmeir bietet nämlich Vielschichtigkeit. Da sind interessante Harmonien und mehrstimmige Herausforderungen dabei – kurz und gut, die zwei Studenten des Abschlussjahrgangs haben hier etwas geschaffen, das nicht nur Anerkennung verdient, sondern vor allem gelungenes Unterhaltungstheater ist. Hut ab vor dieser Leistung!
Ein paar Worte zu den „Ausführenden“ sind jetzt aber schon noch angebracht…

Johannes Nepomuk spielt Protagonist Joe Kaschemski. Er blüht in dieser Rolle wahrlich auf. Er fühlt sich scheinbar wohler als in der Rolle des Roger in RENT, gibt 100 Prozent und überzeugt durchwegs. Hier hatte er die Möglichkeit zu zeigen, was für eine besondere Stimme er hat. Joe’s Freundin Tracey gab Salka Weber, die ebenfalls überzeugte, wenn auch gesanglich nicht immer so sicher, wie man es schon von ihr gehört hat. Dieses Paar bleibt nicht das einzige Revival aus der Kons-Produktion von RENT – auch Manuel Heuser und Manuel Walcherberger durften noch einmal gegenseitiger „love interest“ sein und Heuser hatte das Vergnügen ein weiteres Mal in Frauenkleidung performen. Wer weiß, ob die Queen amused gewesen wäre – das Publikum war es. Sehr.
Dieter Hörmann als dümmlicher Mr. Crawford spielte mit viel komödiantischem Fingerspitzengefühl und hat es sogar geschafft den „Running Gag“ nicht irgendwann alt aussehen zu lassen, sondern ihn gekonnt durch das Stück getragen.

Tanja Petrasek setzte ihren Charakter mit ihrer gewaltigen Stimme gleich in Position, Alixa Kalaß durfte wieder exzentrisch sein, eine Aufgabe, die ihr liegt – samt russischem Akzent - und Franziska Kemna agierte einwandfrei – mit amüsanten Akzenten – als Geschäftsfrau, mit einer Vorliebe für Buchhaltung.
Auch der Rest des Ensembles aus dem zweiten Jahrgang hat es geschafft die kleinsten Rollen mit Leben zu erfüllen – hier war man mit viel Spielfreude am Werk. Hervorzuheben ist hier vor allem Steven Klopp als Mr. Kissass und Scheich Murat – diese Mimik!

Zu guter Letzt ein Hoch auf das Super Mario-Intro (da werden Erinnerungen wach), das Bühnenbild von Timo Verse (Wings aus „Union Jack“ im royalen Blau), die freche Choreografie von Marcus Tesch und dem umgreifenden Ideenreichtum – wer auch immer die Idee hatte, Rechenschieber als Tamburins und Hefter als Kastagnetten einzusetzen; grandios!
Vorfreude: Eine CD-Aufnahme ist angeblich bereits im Entstehen...
Und während die mittleren Jahrgänge London unsicher gemacht haben und sich der vierte Jahrgang auf die Bachelorprüfungen im Juni vorbereitet, hat sich der erste Kons-Jahrgang letzte Woche der Kunst der Improvisation gewidmet. Mit großem Erfolg. Ich bewundere den Mut der Darsteller, die diese Herausforderung bravourös gemeistert haben. Improvisation gehört für mich zu den Meisterdisziplinen. In „Theater. Sport & Musik.“ haben sich die acht Studenten für das Publikum geöffnet und in einer Mischung aus Theatersport und improvisierten Gesangseinlagen rund zwei Stunden lang verausgabt (da bekommt man viel Potenzial auf der Bühne zu sehen!). Unterstützt wurde der erste Jahrgang von „Tee um Drei“-Autor Florian Stanek als Conférencier und Andreja Zidarič als seine Assistentin Uschi. Stanek führte souverän und gekonnt durch den Abend und ließ sich den ein oder anderen Wortwitz nicht entgehen. Sein Talent liegt teilweise schon jenseits von „Gut und Bösendorfer“ - im absolut positivsten aller Sinne! Beide machen einen neugierig, was sie denn bei der Abschlussshow in drei Wochen dem Publikum präsentieren werden…

LINKS:
- "Tee um 3" auf Facebook
- Kritik "Tee um 3" auf Musical&Co
- Fotogalerie "Tee um 3"
- Tee um Drei youtube channel - u.a. mit Einblicken in die CD-Aufnahme

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