„Klimt“ gefällt. Es ist ein rundes und durch und durch österreichisches Musical, das einen schönen Theaterabend beschert. Jegliche Befürchtungen es könnte so „schlimm“ wie bei „Egon Schiele - Das Musical“ werden, habe ich schon nach den ersten Minuten verworfen, denn was „Schiele“ nicht hatte, ist ein Schauspieler, der es schafft das Stück zu tragen und die Rolle des Protagonisten auszufüllen. André Bauer spielt Gustav Klimt so wie man ihn sich vorstellt, wenn man sich ein wenig mit dieser Person auseinandergesetzt hat. Hier lässt ihm auch das gelungene Buch nicht im Stich, das Klimt als Künstler mit vielen Facetten porträtiert.
Gustav Klimt wirkt trotz seiner „Weiberg’schichten“ und
seinen egomanischen Tendenzen (wer nennt mehrere seiner Söhne - von
verschiedenen Frauen - nach einem selbst?)
nie unsympathisch, im Gegenteil, denn André Bauer versteht es Balance zu halten
und Klimt als Mensch mit Fehlern, mit Höhen und Tiefen, darzustellen. Bauer
verliert nie an Präsenz und trägt das Stück bis zum Schluss.
An seiner Seite spielt Sabine Neibersch die Emilie Flöge.
Beiden gelingt es hier eine Beziehung aufzubauen, die nicht nur an der
Oberfläche kratzt, sondern wesentlich tiefer geht. So tief wie die Verbindung
von Gustav und Emilie wohl gewesen sein muss. Vielleicht sogar eine
Seelenverwandtschaft, die viel stärker war als jede sexuelle Begierde, die Klimt bei
anderen Frauen ausgelebt hat.
Neibersch performt mit viel Elan und auch sie ist
Sympathieträgerin. Dazwischen steht Klimts „Genius“. Eine Figur, die man nicht
ganz einordnen kann, aber vielleicht ist genau das die Intention. Ist sie die
Leidenschaft? Also nicht nur die Kunst, das Genie, sondern auch die Erotik?
Hier hat der Zuschauer die Möglichkeit seine eigene Interpretation zu finden –
warum auch nicht? Es muss einem ja nicht immer alles aufs Auge gedrückt werden.
Linda Geider macht ihre Sache als Genius jedenfalls großartig. Sie zieht nicht
nur Klimt in ihren Bann.
Auch das übrige Ensemble muss erwähnt werden, denn die
Gesamtleistung in „Gustav Klimt – Das Musical“ ist überaus gut und sehr
harmonisch. Alle Darsteller bringen Leben in ihre Rollen – das merkt man u.a.
an ausgefeilter Mimik und Körpersprache. Jeder scheint mit Begeisterung bei der
Sache zu sein und das ist schön zu sehen.
Lucius Wolter versteht es Franz Matsch vom Freund bis zum
Neider gekonnt zu interpretieren, Regina Mallinger und Anna Carina Buchegger begeistern
mit Stimme, Gefühl und Ausstrahlung. Georg Prohazka wirkt wie ein geborener Comedian
und spielt Klimts Bruder Ernst mit viel Charme. Harald Tauber spricht und singt
mit herrlichem Dialekt und gibt einen alten Tattergreis mit Leib und Seele.
Nicholas Boris Christahl und Markus Hareter spielen mit Esprit und sorgen für
komische Momente. Und auch Bettina Soriat, Daniela Lehner und Dennis Kozeluh geben
in ihren Rollen ihr Bestes. Es ist ein Ensemble, das in seiner Gesamtheit
besticht und das Musical erst zu dem
macht, was es sein kann.
Hie und da gibt es (noch) Schnitzer: ab und zu klingt ein
Lied wie ein schlechter Schlager, was aber weniger an der Musik als an den oft
einfallslosen Lyrics liegt, und ein, zwei Songs hätte man einfach weglassen
können, ganz einfach weil man sie nicht braucht (z.B. „Wir können es besser“).
Die Musik von Gerald Gratzer kann sich aber hören lassen – es finden sich
einige schöne Nummern, wie z.B. „So zu lieben“, „Oben ganz oben“ (abgesehen von
deren Inszenierung) und „Nur bei dir“. Das Buch (Sissi Gruber, Birgit Nawrata,
Niki Neuspiel) ist gelungen, auch wenn es etwas zu lang ist und die letzten
Jahre nur mehr im wirren Zeitraffer vorbeiziehen. Das Ende wurde genau
getroffen, der „Kuss“ – einfach, knapp und emotional. Die Dialoge wirken längst
nicht so steif und unwirklich wie in „Schiele“, sondern funktionieren meistens
hervorragend. Der wienerische Touch in der Sprache der Darsteller wirkt nicht
aufgesetzt, eher authentisch, und liegt angenehm im Ohr. Beeindruckend sind
auch die Videoprojektionen (Norbert Wuchte) und die kreativen Kostüme (Uschi
Heinzl), vor allem von Emilie Flöge und Genius.
Dean Welterlen hat diesmal ein Händchen für Regie beweisen
können, die Choreografie von Cedric Lee Bradley ist zwar nicht mehr als nett,
findet aber im „Genius“ ihre Entfaltungsmöglichkeit.
Alles in allem ein schönes Werk, das sich sehen lassen kann.
Es ist ein österreichisches Musical mit Potential und schon alleine das gehört
gewürdigt und unterstützt. Bis 7. Oktober wird noch das Künstlerhaus – der
ideale Ort für ein Musical wie dieses – mit „Gustav Klimt – Das Musical“
bespielt, also: hingehen und anschauen. Wo kann man sich sonst einen Teil von Klimts
Geschichte auf so vergnügliche Art und Weise aneignen? Zum Klimt Jubiläum fast
schon Pflichterfüllung. Links:
*Photo Copyright Newplay Entertainment via
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen