Sonntag, 16. Dezember 2012

Onesie Time - Der Song zum 3. Advent

...wieder ein West-End-Christmas-Charity-Song...was für ein Ohrwurm...und was für Stimmen! Dass es dabei um Strampelanzüge ("Onesies") geht ist eigentlich Nebensache - doch: der Text ist lustig und die Melodie catchy (Music &Lyrics: Tim Driesen & David Ribi)...wer den guten Zweck ("Make A Difference") unterstützen möchte, der kann sich die Single bei iTunes herunterladen.

Sonntag, 9. Dezember 2012

Rockin' Around The Christmas Tree - Der Song zum 2. Advent

Als Charity Projekt für die Obdachlosen-Organisation Centrepoint hat die London Cast von "Shrek - The Musical" ihre eigene Version des Klassikers "Rockin' Around The Christmas Tree" eingespielt, samt lustigem Video - siehe hier:

Schönen 2. Adventsonntag!

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Musical Unplugged - Rock4 Special


Musical Unplugged ist ein kleiner Fixpunkt im musicalischen Wien (und Umgebung) geworden. Eine Veranstaltung, für die ich gerne ins Umland von Wien pendle, um dort zu erleben, was sonst nicht viel Raum bekommt: Männerstimmen des Musicals in vereinter Kraft mit einem bunten Mix aus Kirchengesang, Evergreens, Musicalklassikern und -raritäten.
Dass die Titelauswahl von Mal zu Mal zwar größtenteils gleich ausschaut, liegt wahrscheinlich daran, dass es schwer ist, mit acht Darstellern und einem Pianisten, die jeweils andere Engagements haben, genügend Probenzeit zu finden, um etwas Neues einzustudieren. Doch eigentlich stört mich das gar nicht so, denn die Auswahl ist gut getroffen. Es sind Songs, die immer gefallen und durch die „Auffrischung“ der individuellen Parts der Sänger wird alles zu einem sehr runden Programm. Ein weiterer Punkt ist die Familiarität, die dadurch entsteht. In Gießhübl herrschte am Montag Wohnzimmer-Atmosphäre. Die Bühne nicht sehr erhöht, fast auf einer Ebene mit dem Publikum, schöne Lichtstimmungen (Licht & Ton: Erwin Singer, Bernhard Singer und Thomas Koloszar) und wenig Verstärkung schafften es, eine Nähe herzustellen, die gemeinsam mit der angenehmen Wärme im Saal wirklich etwas Heimeliges hatte.

Das Besondere an Musical Unplugged ist die Schlichtheit des Programms. Eine Nummer fügt sich an die nächste, dazwischen keine Moderation, kein unnötiges „Tamtam“. Es entsteht ein Klangbogen, der einen gleich am Anfang packt und bis zum Ende des Aktes nicht mehr loslässt. Die für das „eingeschworene“ Musical Unplugged-Publikum „vertrauten“ Songs bilden das Gerüst, in dem sich die Solopartien einfügen und diesmal auch – das „Special“ – die Songs der Acappella FormationRock4“(Luc Devens, Lucas Blommers, Björn Sterzenbach und Luc Nelissen).
Luc Devens, der Leadsänger wurde von mir schon oft über den grünen Klee gelobt, aber was soll ich anderes schreiben. Dieser Sänger ist nicht von dieser Welt. Um es genau zu sagen, es gibt keine Worte für eine Stimme wie diese. Hören ist alles – begreifen kann man es dann zwar auch nicht, aber zumindest kann man sich einreden, dass es wahr ist, was man hier gerade gehört hat. Die Rock4-Songs – Queen-Klassiker, Pink Floyds „Another Brick in the Wall“ und „Heaven on Their Minds“ schlugen ein. Die vier Sänger treffen den musikalischen Nagel auf den Kopf – nein, das ergibt keinen Sinn, aber es fühlt sich so an. Was diese vier Männerstimmen zusammen erzeugen ist unfassbar schön. Ich musste die Augen schließen, um jeden Ton auszukosten, um diesen entstehenden Sound-Teppich voll und ganz in mich aufzusaugen.

Was darf bei Musical Unplugged nicht fehlen? Genau, die legendären Duette von Florian Schützenhofer und Jakob Semotan. Wie die Kirchenlieder – die immer schön klingen, und obwohl deren Vortrag vielleicht aus gegensätzlicher Intention heraus entsteht, immer zu ihrem Ursprung zurückkehren – sind diese Duette wichtige Konstanten des Gesamtkonzeptes, die man einfach nicht missen möchte. Interessant war diesmal zu sehen, wie das erste Duett das Gefühl gab, die „Beziehung“ der beiden befände sich in einer anderen Phase. Dies verlieh dem Konzept dahinter einen ganz neuen Blickwinkel und macht diese parodistische Episode noch viel spannender. Duett Nr. 2 passte sich wieder der „alten“ Mentalität an – ein interessanter Schachzug, wenn man das so nennen kann.
Am ersten Abend des Musical Unplugged/Rock4-Specials sangen mit Unterstützung des Pianisten Florian C. Reithner – ein Virtuose, der in seiner eigenen Klasse spielt, Organisator Florian Schützenhofer, Rock4 und die Solisten Christof Messner, Jakob Semotan und Peter Neustifter. Messner und Semotan haben beide die Gabe sofort in ihren Song, den Charakter einzusteigen. Jedes Mal beeindruckt mich diese Unbefangenheit, die sie den Rollen entgegenbringen, und der Mut, sich in den Songs fallen zu lassen. Einfach so. Mit anscheinend wenig Aufwand. Doch mit unglaublich viel Pathos und Esprit. Ein Fingerschnips und schon sind sie drinnen, bis zum Ende des Songs – voll und ganz. Mit ihrer Stimme, ihrem Gefühl und ihrem Körper. Alles spricht den Song. Messner schafft es „Dies ist die Stunde“ so zu singen, als hörte ich den Song zum ersten Mal – er erzählte ihn neu und aus sich heraus. Mit seinem Jamie Cullum/Glee-Mashup von „Singing in the Rain“ und Rihannas „Umbrella“, bei dem er sich selbst am Klavier begleite, zeigte er eine ganz andere Seite von sich – das war nicht nur sehr schön, sondern auch mutig. Semotan sang „I Dreamed A Dream“ und schaffte es bei „Anytime“ (aus dem Songzyklus Infinite Joy) so sehr in den Song einzusteigen, dass er sich selbst darin verloren hat – tja, und da sind mit dann sogar Tränen gekommen…

Besonders gefreut habe ich mich auch auf „Lost in the Wilderness“ (Children of Eden) – einer, der für mich schönsten Musicalsongs. Es ist ein Song, der viel abverlangt. Der Darsteller muss über den Rand des Charakters hinausgehen und sich – komme was wolle – in den Song stürzen. Anders hat „Lost in the Wilderness“ kaum Chancen sich in seiner vollen Pracht zu entfalten. Genau hier hat Neustifter noch ein paar Schwierigkeiten. Es ist bei ihm keine Frage seiner Stimme – es ist alles da -, doch (noch) eine Frage des Fallenlassens. Der Song braucht einen Sprung ins kalte Wasser. Er braucht die Bereitschaft sich in Tiefen vorzuwagen, die man vielleicht selbst noch nicht kennt. Ich kann mir vorstellen, dass das Angst macht – sicher sogar, denn man verliert die Kontrolle. Dieses „Risiko“ muss man eingehen. Neustifter steht hier aber nicht alleine da, an diesem Song haben sich schon einige die Zähne ausgebissen (so auch Mark Seibert auf seiner neuen CD „Withou You“). Doch dass Neustifter auf einem guten Weg ist, hat man bei „Ordinary Days“ gesehen – da ist noch viel möglich. Sein zweiter Song („Stern“ aus Les Misérables) kam ihm eher entgegen – schön.
Florian Schützenhofer wagte sich ebenfalls an eine Solonummer. „Wie kann ich sie lieben“ aus Die Schöne und das Biest ist eine Herausforderung, die Schützenhofer mit ein paar Anfangsschwierigkeiten bravourös gemeistert hat. Zu Beginn hat er scheinbar versucht die Situation zu überspielen, doch als es ihm gelungen ist, sich dem Song hinzugeben, konnte dieser sich wunderbar entfalten. Da entsteht dann alles, was entstehen soll und das Innenleben des Charakters kann nach außen getragen werden. Das ist das Beste, was passieren kann. Ein schöner Moment.

Musical Unplugged überzeugt auch durch seine Ungezwungenheit. Nichts drängt sich auf und die entstehende Atmosphäre ermöglicht es dem Publikum sich die Songs individuell zu Eigen zu machen, jeder wie er möchte, jeder auf seine Weise. „Amazing Grace“ als Zugabe, war die Krönung eines wunderschönen, musicalischen Abends – von acht Männerstimmen gesungen, ein Hörgenuss. Gefolgt von einem humorigen Abschluss durch das „Rebecca“-Duett „Mrs. de Winter bin ich“ von Christof Messner und Jakob Semotan samt „Orchideen“.
Stargast der Veranstaltung war übrigens auch Sumsi, die sparfreudige Biene.

Sonntag, 2. Dezember 2012

Brr...It's Cold Out...There - Der Song zum 1. Advent

Singer-Songwriter Julia Mattison (Godspell) hat letztes Jahr ein etwas anderes Weihnachtsalbum herausgebracht - passend zu ihrer Comedy-Rock-Show "A Violent Holiday Explosion", die sie letztes Jahr mit Freunden und Godspell-Castmitgliedern im Dezember zur Aufführung gebracht hat. Viel Weihnachts-Spirit ist da zwar nicht zu finden, doch hie und da eine heitere Christmas-Nummer mit Spaßfaktor, wie z.B. diese hier - gesungen von Julia Mattison und Hunter Parrish, "inspiriert" von "Baby, It's Cold Outside".


Chucky, die Mörderpuppe oder Das Phantom der Oper – konzertant


"Das Phantom der Oper" und ich sind nicht die allerbesten Freunde. Ganz ehrlich: Ich finde das Stück langweilig. Der erste Akt ist ein einziges Gähnen. Immer die ewig gleiche Leier. Andrew Lloyd Webber hat da ein paar schöne Melodien geschrieben, keine Frage, aber irgendwann hat man genug von der Wiederholung und dem durchgezogenen Singsang. Irgendwann geht es einem auf die Nerven, mir auf die Nerven.
Ich wusste schon auf was ich mich einlasse - glaubte es zu wissen - als ich mich gestern ins Ronacher zur „Geburtstagsfeier“ des VBW-Orchesters (25 Jahre) aufmachte. Zu Ehren des Orchesters wurde „Das Phantom der Oper“ konzertant aufgeführt mit Lloyd Webbers Segen im Nacken. Gegen das Orchester selbst ist auch nichts zu sagen – einwandfreie Leistung, in meinen Ohren.

Blickt man nun aber auf die Regie (Andreas Gergen) ist mir in zwei Punkten übel geworden. Da wäre zum ersten das Tanzpaar. Eine Personifizierung von Phantom und Christine bzw. deren Gefühlen. Wie auch bei den Videoprojektionen – auf die komme ich gleich zu sprechen – hatte Gergen (?) wohl hier das Gefühl etwas wettmachen zu müssen. Die Entscheidung ein Musical konzertant aufzuführen ist grundsätzlich keine falsche, denn ein Stück bekommt die Möglichkeit zu zeigen, ob es auch ohne Brimborium funktionieren kann. Bei einem Werk von Andrew Lloyd Webber, wo viel auf Effekthascherei aus ist, eine Herausforderung. Die VBW haben sie nur in Maßen gemeistert.
Das Tanzpaar begleitet das Stück von Anfang an, doch so schön die beiden (Emma Hunter und  Aleksandar Savija) auch tanzen und ihr Pas de Deux vollführen, so unsinnig ist es zur gleichen Zeit. Durch die Personifizierung der Gefühle wird den Schauspielern an Wirkung genommen und das ist eine Frechheit. Eine Frechheit den Schauspielern und dem Publikum gegenüber - den Schauspielern, weil ihnen damit eigentlich mitgeteilt wird, dass ihr Spiel nicht ausreicht und nicht zu vermitteln vermag, was in den Szenen wesentlich ist und dem Publikum, weil ihm die Fähigkeit der Imagination nicht zugetraut wird und es so als dumm verkauft wird. Die (angebliche) Symbolik des Tanzpaares ist für die Hunde, denn das Stück braucht sie nicht. Was zwischen Phantom, Christine und Raoul passiert, füllt im idealen Fall – wenn die Darsteller es vermögen ganz in ihre Charaktere einzusteigen – den ganzen Theatersaal. Die Luft um sie herum wird bedeutungsvoll und mysteriös. Doch in dieser Version kann diese „magische“ Luft gar nicht entstehen, man nimmt ihr die Entfaltungsmöglichkeit durch die Reduzierung dieser „Gefühlsfülle“ auf die Tänzer.
Die Imagination spielt im „Phantom“ eine wichtige Rolle. Genau das ist auch der Punkt, warum dieses Musical konzertant funktionieren könnte. Allerdings nur sofern dem Publikum eben jene Möglichkeit der Imagination gegeben wird. Es kann auf Requisiten und Bühnenbild – samt Luster – verzichtet werden, ja, sogar auf die Maske (obwohl mehr als zentral), aber dann bitte wirklich mit Selbstbewusstsein. Das heißt auch: weg mit den Projektionen und Tanzpaaren. All das braucht es nicht, sofern die Darsteller abliefern können, was von ihnen verlangt wird.

Kommen wir also nun auf die Videoprojektionen (fettFilm) zu sprechen. Ähem…also WTF? Lachhaft. Im Ernst. Lachhaft. Also da wäre zum Beispiel besagte „Chucky, die Mörderpuppe“. Chucky ist eine Projektion eines Kinderkopfes aus Stein (Mamor) mit übergroßen Glubschern, die zunächst noch geschlossen sind. Sie taucht auf als das Phantom seinen „Engel der Lieder“ singt (wenn ich mich richtig erinnern kann?). Okay, also was kann das bedeuten? Das Phantom ist immer noch in seinem kindlichen Ich stecken geblieben? Möglich. Etwas anderes fällt mir dazu nicht ein und ich bin mir nicht sicher ob das Publikum diese hochgegriffene Symbolik (??) kapiert hat. Nein, ich glaube nicht. Weg damit! Weg damit! – hätte ich am liebsten geschrien und: Wozu? Wozu?
Jeden Moment habe ich nur darauf gewartet, dass dieser schreckliche Kinderkopf seine Augen aufreißt und tatsächlich – Chucky ward plötzlich auferstanden. Gelbe Kugeln leuchteten einem da entgegen, eine Entwürdigung des Phantoms, eine Entwürdigung seines gesamten Wesens und seiner Gefühle, seines ganzen Seins. Als Christine dem Phantom die Maske vom Kopf reißt – hier muss der Zuschauer allerdings einmal seine Imagination einsetzen – zerfließt das Gesicht des Kindes. Und als das Phantom erkennt, dass Christine in Raoul verliebt ist und er verloren hat – am Dach der Pariser Oper – wird die Projektion des Mondes zu Chucky. Warum? WARUM?

Doch bei Chucky war es noch längst nicht zu Ende, die Kröte hüft vergnügt über die Leinwand als Carlotta ihren „Krötengesang“ loslässt, ein Elefant rumpelt im Fake-Bühnenbild der Oper zu Beginn über die Bühne. Alles ein riesiges Fragezeichen, Kopfschütteln und kurz: einfach nur unglaublich peinlich!
Einzig und allein die Dachszene und die Bootsfahrt sind gut gelungen und auch über den Luster-Sturz und das übermäßige Feuerwerk könnte ich hinweg sehen, wenn nicht alles vorher schon zunichte gemacht wurde. Eine Katastrophe. Videoprojektionen – sofern sie nicht wirklich gut gemacht sind und Sinn machen – sollten im Theater verboten werden. Leben wir in einer Welt, wo wir das unbedingt brauchen, wo sog. „Kreative“ glauben, dass man dem Publikum auch auf dieser Schiene – weil wir eben in einer technisierten Welt leben – etwas bieten muss? Ich glaube nicht, dass das Publikum Hilfe benötigt. Ja, wir Menschen sind fähig uns etwas vorzustellen, auch wenn es nicht da ist. Das ist doch eine unsere schönsten und reichsten Eigenschaften. Wir brauchen nicht alles auf dem Präsentierteller, nein wir können uns selbst Szenen und Bilder (aus)malen.

Aber „Das Phantom der Oper – konzertant“ der VBW hat auch etwas Positives an sich und zwar drei Hauptdarsteller, die ihr Handwerk verstehen: Christian Alexander Müller, Lisa Antoni und Oliver Arno. Alle drei vermögen es sich so in ihre Charaktere zu vertiefen, dass aus ihnen heraus eine Welt entsteht. Sie fühlen in sich und erzählen dadurch. Müllers vielschichtige Performance wagt sich in die Tiefen des Phantoms vor. Deswegen kann er auch ohne Maske spielen, er kann sie spielen. Das Phantom ist auch das eigentlich Einzige, was mich an diesem Musical fasziniert. Über seine Persönlichkeit, seine Geschichte, seinen inneren Zwiespalt und Kampf könnte ich lange reden und mich mit jemandem austauschen. Müller zeigt wie viel in diesem Charakter drinnen steckt, er eröffnet damit die Diskussion und deswegen wird der zweite Akt spannend.
Die Rolle der Christine ist mir eigentlich immer ein Rätsel gewesen. Hat sie einen Vater-Komplex? Wer ist für sie jetzt der „Engel der Lieder“ - ihr Vater oder doch jemand anderes? Warum fühlt sie sich so zu ihm (erotisch) hingezogen, wenn sie glaubt es sei ihr Vater? Antoni aber legt die Rolle auf ihre eigene Weise an und trifft klare Entscheidungen. Sie liebt Raoul wirklich und trauert ihrem Vater immer noch sehr hinterher. Das Phantom bleibt ein Mysterium, das ihr eine Welt eröffnet, in der sie sich nicht zurechtfindet, u.a. aus dieser Vater-Sehnsucht heraus lässt sie sich in diese Welt entführen – doch eigentlich bleiben hier immer offene Fragen. Lisa Antoni jedoch ist dem Phantom nicht allzu sehr verfallen, ihre Angst vor ihm und dem Ungewissen erscheint bei ihr größer als jede erotische Anziehung (oder was auch immer).

Oliver Arno ist ein Darsteller – und er zeigt es auch wieder als Raoul – der seine Charaktere immer auch in seinen Körper nimmt. Soll heißen, er steigt in den Charakter mit Haut und Haar ein. Er fühlt sich so in ihn hinein, dass sich daraus auch unweigerlich passende Körperbewegungen ergeben. Er nimmt den Charakter auch in seinem Körper auf. Mimik, Gestik und Bewegung werden von innen heraus beeinflusst und daraus ergibt sich eine Glaubwürdigkeit, die beeindruckt. Raoul ist jetzt nicht DIE Rolle – eigentlich etwas fad. Der Verliebte, der sich Christine zu Füßen wirft und sie von den Klauen des Phantoms befreien möchte. Es gelingt Arno aber das Maximale herauszuholen und so entsteht zusammen mit Müller und Antoni eine spannende Dreiecksbeziehung.
Die Schauspielleistung des Ensembles lässt allerdings zu wünschen übrig. Nur Carlotta und Piangi dürfen übertrieben spielen, was Siphiwe McKenzie und Emilio Ruggerio auch gut machen – der Rest aber sollte Menschen darstellen und nicht Text aufsagende Schauspieler. Michael Kargus und Michaela Christl als Monsieur Reyer und Madam Giry – soll das überzeugendes Schauspiel sein? Für mich klang es eher nachText aufsagen und das genügt nicht. Bei weitem nicht! Erwähnenswert vielleicht noch Lucius Wolter, Ramin Dustdar und Timo Verse, die wenigstens ein bisschen Leben in ihre Rollen und das Geschehen bringen…

Schön auch die (letzten Endes) eingebrachte Maske am Schluss des Stückes. Das macht Sinn und beendet das Stück auf würdige Weise. Was dazwischen lag…tja…eigentlich ein Fragezeichen - mit den Ausnahmen Müller, Antoni und Arno.

Link:

- Kritik auf "Musical Musing"

 

Freitag, 30. November 2012

I'll cover you

...einer der wohl schönsten Songs der Musicalgeschichte und der Titel von Telly Leungs (Rent, Godspell, Allegiance) Debut-Album. Auf diesem "Soundtrack seines Lebens" sind neben Musicalmelodien (Hello, Dolly!, Rent) auch Pop-Klassiker und Jazznummern zu hören - eine spannende Mischung unterstützt von Streichquartett und Jazz-Trio:



"That's the work worth doing" meint Leung in diesem Video und dass er Recht hat hört man in seiner Interpretation des Jonathan Larson Songs - "I'll cover you" wäre doch ein schönes Weihnachtsgeschenk...

Am 2. Dezember präsentiert Telly Leung sein Album im "54 below", Broadway' Nightclub.

Die Tracklist:

1. Knocks Me Off My Feet
2. Cry If You Want To
3. The Water Is Wide/Bridge Over Troubled Water
4. Papa Don't Preach
5. I Can See Clearly Now
6. Before the Parade Passes By
7. I'll Cover You
8. Galileo
9. Children Will Listen
10. I'm Gonna Laugh You Right Out of My Life
11. Firework
12. In My Life
13. I Believe in You and Me

Links:

- Telly Leungs Homepage
- weitere Infos zu Album und Telly Leung auf playbill.com
- Album bei Yellow Sound Label

Samstag, 24. November 2012

zwa voitrottln WIN se comedy chance


„Ein Ausbund an Kreativität“ – Zwa Voitrottln. 25.000 Euro, eine neue Kuchl – Zwa Voitrottln.
I sink it was a few weeks ago…my friend and ei went to see “Zwa Voitrottln” in se Metropoldi - an intimate performing space in se city of Vienna. And you know wott? There were only very few people there…just a handful of friends, family and some asser folks. Sis times are now owa – and out…because…se damn Voitrottln WON se “Big Comedy Chance”…wei? Because se Voitrottln fuckin’ rock - pardon my French…se Voitrottln have Eier in ser Hose and music in se bladd, ju no?

If u want so see se Zwa Voitrottln live – check out se Homepage!
…and/or take se chance and see one Voitrottl – se Dieter from se Kons - at se Musical Unplugged concert on se 4th of December!

Donnerstag, 15. November 2012

Elisabeth - take #3


Wenn man einen Platz bucht, der gar nicht vorhanden ist – so fängt das Ganze schon einmal an. Gekommen ist man –also ich – um Riccardo Greco als Lucheni zu sein, bis die Kartenkrise gelöst war, war der Prolog schon voll im Gange. Die ersten wichtigen Auftrittsminuten dahin – aber dafür tröstete man mich mit einem Upgrade, auch nicht schlecht…
Also: Riccardo Greco, meine Erwartungen waren hoch. Ich halte große Stücke auf ihn und zwar seit einem bestimmten Zeitpunkt bei „Ich, Tarzan, Du, Jane!“ (siehe hier - ab 5:50 min).  Es mag vielleicht lächerlich sein und man kann u.a. mit dem Argument kommen, dass es sich um eine TV-Show handelt, die zusammen geschnitten wird, auf emotionale „Verzettelung“ angelegt ist oder was auch immer, aber für mich ist es nicht lächerlich – Grecos künstlerisches Potential hat sich mir in jenem Moment offenbart, als er seine Angst überwunden hat und „weggeflogen“ ist.

Dieser Moment – dieser Ausschnitt von „Against All Odds“ ist mir damals so nahe gegangen und geht mir immer noch nahe, wenn ich mich daran erinnere. Es war irgendwie etwas Besonderes.
Große Erwartungen führten mich gestern ins Raimund Theater. Große Erwartungen, die nicht enttäuscht wurden. Was kann ich über Grecos Lucheni sagen? Er nimmt sich Freiheiten und zwar die richtigen. Er weiß wo er sie nehmen darf und spielt so seine ganz eigene Version von Lucheni. Ein guter Darsteller kann das, ein guter Darsteller darf das und muss das.

Riccardo Greco spielt Lucheni unkontrolliert – im positiven Sinn. Er wirft sich in die Rolle hinein, ohne Angst, ohne zu viele Gedanken, aus dem Bauch heraus. So zumindest sehe ich es, als Zuschauer. Bestes Beispiel: Milch.
Stimmlich lässt er die Sau heraus – er phrasiert gut, übertreibt, wo zu übertreiben ist, haut sein Vibrato hinein, wo es passt. Greco outriert in seiner Rolle an den richtigen Stellen (Mimik!), und kommt an anderen wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, um die Verbindung zum Publikum zu festigen. „Kitsch“ klingt bei ihm wie ein Vorwurf an das Publikum, es klingt „angewidert“ - Greco spielt das zentrale Thema des Songs gerade heraus. Riccardo Grecos Lucheni ist alles andere als einfach gestrickt – er bespielt hier viele Ebenen, oft sehr nuanciert. Spannend sind dann Momente, in denen auf der vermeintlichen „dreckigen“ Oberfläche des Anarchisten, die tiefere Ebene sichtbar wird und Unsicherheit oder Angst lesbar werden.

Riccardo Grecos großer Vorteil ist die Authentizität des Italienischen. Für die Rolle muss man zwar kein Italienisch können, aber wenn man diese Sprache schon nicht beherrscht, dann sollte man sich trotzdem in sie fallen lassen können – und das bedeutet mehr als nur ein rollendes „r“, es bedeutet vor allem eine lockere Zunge und keine Hintergedanken, einfach "raus" damit. Tja, Greco hat dieses „Problem“ jedenfalls nicht…und das ist wirklich ein Vorteil – da kommt einfach heraus, was heraus kommt, auch abseits von geschriebenen Textzeilen und das mit einer Leichtigkeit…herrlich.
Luigi Lucheni ist bei Greco vielfältig, aber vor allem auch ein schmieriger, rotziger „Spieler“. Ein junger Mann, der sich aus seiner Unsicherheit heraus und so viel anderen unterdrückten Gefühlen, aufplustert, um besser dazustehen, als er eigentlich ist. Er fährt sich mit dem Arm über die Nase – vielleicht ein paar Mal zu oft – und nimmt das „Rotzig-Schmierige“ so auch in seine Gestik. Ein Erlebnis.

Samstag, 10. November 2012

The Voice of Musical

"The Voice" ist eine Castingshow, die etwas taugt. Ein Unterhaltungsformat, das nicht nur für das Publikum ansprechend ist, sondern auch für Künstler – Sänger und Sängerinnen, die wirklich singen können und Musik machen wollen.
Es gibt faire Coaches, die konstruktive Kritik geben und denen etwas daran liegt, das Beste aus einem herauszuholen. „The Voice“ setzt auf Stimmen und nicht auf den Unterhaltungswert von „Leider-Nein“-Kandidaten – eine Wohltat für das Ohr und für die Seele.

Warum ich mir diese Sendung anschaue? Nicht nur weil mich die Sänger beeindrucken, sondern auch die Menschen dahinter. Und das Beste? Jetzt nach den „Blind Auditions“, wo es an die „Battles“ geht, trennt sich die Spreu vom Weizen und in den meisten Fällen gewinnt der, der den Gegner nicht unterschätzt hat, sondern sich hingestellt hat und sein Ding durchgezogen hat.

Kein Wunder, dass von diesem Format auch bereits professionell arbeitende Sänger und Sängerinnen angezogen werden, dort bekommt man eine wirkliche Chance und auch wenn es nicht klappt, bin ich mir sicher, dass es trotzdem eine Bereicherung ist. Unter diesen Sängern sind – nicht nur in dieser Castingshow – auch Musicaldarsteller, die dort einmal ihre Persönlichkeit ausleben wollen.

In der diesjährigen Staffel haben es z.B. Jessica Mears, Jonas Hein und Rob Fowler in die „Battles“ geschafft. Jessica Mears stand allerdings ihre Attitude im Weg und wurde vom Underdog Bianca (wirklich verdient - siehe hier) ausgestochen. Jonas Hein ist zu Unrecht gegangen – seine Blind Audition war m.E. eine der gefühlvollsten, ebenso seine Interpretation von „Symphonie“ bei den „Battles“ – leider hat es nicht gereicht, dabei konnte man alles in seinen Augen sehen – das ganze Gefühl des Songs war dort drinnen und in seiner Stimme. Brandon Stone ist vielleicht der Versiertere und sicherer in dem, was er da macht – er drückt sein Gefühl auch mit dem Körper aus, was dann auf der Bühne besser wirkt. Aber ausgefüllt hat Jonas Hein den Raum, das Duett von den beiden war stellenweise wie „vom Himmel“. Ein Moment, für den es sich auszahlt die Show mitzuverfolgen… Jetzt muss Jonas Hein wieder zurück in die MusicalCompany des Theaters für Niedersachsen – mit dieser Stimme bringt er es noch weit, auch wenn er zurzeit „nur“ Theaterpublikum von den Socken reißt, er berührt und das gefällt.

Am Donnerstag steht dann Rob Fowler auf der Bühne und muss sich im Ring beweisen – die Daumen sind schon gedrückt, denn Fowler hat eine Stimme, die „piercing“ ist, sie geht direkt ins Herz, wenn er sie gut bedient. Vielleicht mit einer besseren Songauswahl als bei seiner Audition...
Aber auch die Etablierung im Musicalgeschäft heißt noch lange nicht, dass es bei „The Voice“ klappt – so hat sich z.B. bei Kerry Ellis – trotz einer energetischen Performance von „Son of a Preacher Man“ – kein einziger Coach in den „Blind Auditions“ umgedreht…

Samstag, 27. Oktober 2012

Lucky Stiff: Nonsens Part 2 oder Der Schwachsinn geht weiter


…gut, ich war müde, ich war gestresst und vielleicht ist es an dieser Stelle nötig zu erwähnen, worum es hier auf diesem Blog geht – worum es beim Bloggen überhaupt geht: um meine persönliche, subjektive Meinung; von etwas Anderem will und kann ich nicht ausgehen.
So, jetzt ist das also noch einmal betont worden, widmen wir uns also „Lucky Stiff – Tot aber glücklich“, das am Donnerstag in den Kammerspielen seine Premiere feierte. Kurzum: Langweilig. Sterbens langweilig, um es genau zu sagen…soviel zum Thema…

Eigentlich weiß ich fast gar nicht was ich darüber schreiben soll und ob überhaupt - deswegen vielleicht nur stichwortartig oder so:
Ich hatte das Gefühl, dass Werner Sobotka die Ideen ausgehen, zumindest in Bezug auf "Comedy-Musicals". Alles wirkte wie ein billiger Abklatsch von Schon-da-gewesenem. „Sugar“ und „Die spinnen, die Römer“ konnten überzeugen, doch mit den Inszenierungen von „Non(n)sense“ und „Lucky Stiff“ machte sich Enttäuschung breit. Diesmal bin ich jedenfalls nicht die Einzige im Publikum gewesen, der einfach kein Lachen auskommen wollte. Auch der Rest des Publikums schien zwischen Gähnen und respektvollem Klatschen zu wanken, dazwischen hie und da Schmunzeln, zu mehr hat es meistens nicht gereicht. Das was hier geboten wurde, war einfach nur „flach“. Wenn ich mich schon berieseln lasse, dann möchte ich mich auch wirklich amüsieren, doch bei „Lucky Stiff“ breitete sich Langweile aus und ich begann mir zwei Fragen zu stellen:

1.       Ist es das Stück oder die Inszenierung?...und…
2.       Was ich denn mit der Zeit angefangen hätte, wäre ich doch (lieber) zu Hause geblieben?

Thomas S. Hischak meint in seinem Buch über Off-Broadway Musicals (2011), dass „vielversprechend“ ein Understatement für „Lucky Stiff“ ist, er schreibt:
„Here is a musical that knows when to speed up and when to quiet down for a touching character moment and never stops being a farce.“
Kann ja sein, aber bis auf den letzten Punkt ist in den Kammerspielen nichts davon mitzubekommen. Touching character moments? Weit gefehlt. Ich dachte nur, wenn Annabel Glick noch ein Lied über Hunde singt, springe ich ihr persönlich an die Gurgel und auch die Szenen mir Protagonist Harry Witherspoon hätten etwas mehr Gehalt vertragen.

Die Story ist alles andere als einfallsreich, was ja auch oftmals reicht, wenn sie wenigstens Material für lustige Szenen bieten würde. Von der Grundthematik würde sie das durchaus, aber die Ausführung lässt einen Stirn runzeln und Daumen drehen. Da gibt es – weiß Gott – bessere Unterhaltung.
Die einzigen zwei Highlights der Show sind das Bühnenbild von Sam Madwar und „Phone Call“ aka „Mary Alice“ von Boris Pfeifer. Ab und zu ist etwas am Rande ganz lustig, den größten Spaß hatten aber sicher die Darsteller beim Proben, leider überträgt sich das nicht auf die Zuseher – und wieder stelle ich mir Frage 1 (siehe oben) und werde sie jetzt für mich auch nicht beantworten können. Vielleicht erst irgendwann einmal, wenn ich mich überwunden habe, mir das Stück – rein aus diesem Interesse –irgendwo anders noch einmal anzusehen.

Die Darsteller bringen eine gute Leistung – da kann man eigentlich nicht viel sagen, aber eine Nuance „Tiefe“ hätte nicht geschadet. Die Komik des Lebens basiert auf der Tragik – das ist auch eigentlich in „Lucky Stiff“ Thema, es wird nur überhaupt nicht konkret darauf eingegangen, es kommt nicht an. Die komischen Momente entstehen aus der Oberfläche und das ist ein Humor, der mich nur selten erreicht. Wie es anders geht zeigt Pfeifer  als Vincent Di Ruzzio in diesem genialen Telefongesprächs-Song relativ am Anfang des Stücks.
Peter Lesiak sind die Rollen des schüchternen, „nerdy“ Nobody auf den Leib geschrieben – er bedient dieses Schema gut. Lisa Habermann und Ann Mandrella – souverän. Katharina Dorian immer wieder schön „grumpy“, abstrus und völlig weggetreten. Passable Performances des Ensembles – doch auch die reißen das Musical nicht aus seiner Misere.

Mehr gibt es – für mich - nicht zu sagen.

Samstag, 20. Oktober 2012

Groff's Paradise


Jonathan Groff gab am 13. Oktober ein Solokonzert - ich wünschte ich wäre dort gewesen...Indianapolis ist nur leider etwas weit, etwas sehr weit, weg.

Broadway.com hat ein paar Highlights zusammengestellt, mit dabei u.a. eine Hommage an Groffs Herkunft "Amish Paradise"...looka here:



...und außerdem noch:

Moving Too Fast (The Last Five Years)
Thank You For The Music
I Got Lost In His Arms (Annie Get Your Gun)
Moon River
(Ain't That) Good News
Dividing Day (The Light in the Piazza)
The Lonely Goatherd (The Sound Of Music)
Everybody's Talking
The Life Of The Party (The Wild Party)

...und wenn wir gerade dabei sind - Spring Awakening Co-Star Lea Michele nimmt gerade ihr erstes Solo-Album auf!

Ein guter Start ins Wochenende! :)

Sonntag, 7. Oktober 2012

At The Beginning - Der Song zum Sonntag



...ein Lied, das es wert ist die Kategorie "Der Song zum Sonntag" wieder aufleben zu lassen. Wunderschön gesungen von Riccardo Greco und Marle Martens - da geht  mein Herz auf...

...zu hören HIER

...für weiteren Hörgenuss einfach einmal Riccardo Grecos YouTube-Channel erkunden!

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Vienna Theatre Project: Ordinary Days – Theater Drachengasse


Auf wen kann man sich verlassen, wenn es darum geht neue, „andere“ Musicals nach Wien zu bringen? Ja, da kommt man ins Grübeln – viel ist in dieser Hinsicht nicht los, aber hie und da tut sich doch etwas und auf das „Vienna Theatre Project“ kann man sich immer verlassen – u.a. 2010 mit "Over The Threshold", 2011 mit "The Last Five Years" und dieses Jahr mit "Ordinary Days" von Adam Gwon.
Das Theater in der Drachengasse ist der perfekte Ort dafür – man sitzt den Darstellern fast Aug in Aug gegenüber, die Nähe ist ungewohnt, aber genau dieses „Beisammensein“ ist das Besondere, ist das, was diesen Musicals Flügel verleiht. 

Zu dieser Ebene der Direktheit kommt dazu, dass ohne Verstärkung und nur mit Klavierbegleitung (Birgit Zach) gespielt wird – eine Wohltat, denn so kann der Draht zum Publikum noch unmittelbarer aufgebaut werden. Diese „Direktheit“, dieses „heart-to-heart“, zwischen Zuschauer und Darsteller kann aber auch nur dann entstehen, wenn
1.      das Musical schon so gestrickt ist, dass es ohne viel Drumherum auf den Punkt kommt, ehrlich und „straight from the heart“ ist und
2.      Darsteller performen, die bereit sind völlig offen an diese Vorlage heranzugehen und sich den Charakteren, den Texten, mit Haut und Haar hinzugeben - ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Angst.
Ordinary Days“ hat beides. Unter der Regie von Joanna Godwin-Seidl, die mit den Darstellern eine wunderbare Inszenierung erarbeitet hat, erlebt man in der Drachengasse einen Theaterabend, der einen gefangen nimmt und nicht mehr loslässt.

Die Story lässt sich in zwei Sätzen erzählen, aber darum geht es hier nicht. Musical muss nicht immer ein Epos, eine ganze Lebensgeschichte erzählen. „Ordinary Days“ ist eine Momentaufnahme im Leben von vier New Yorkern. Eine "Gefühlsaufnahme". Adam Gwon erzählt mit seinem Musical Ausschnitte aus „live stories“. Es geht um Stimmungen, Gefühle, die wir alle mit uns herumtragen  und genau die sind die stärksten Verbindungselemente zum Publikum. Man kann sich in den Augen der Charaktere sehen. Ein einnehmendes Gefühl, das schon mal die eine oder andere Träne herauslockt, oder aber auch ein wiedererkennendes Lächeln. Hier geht es nicht um Geschichte, sondern um etwas „Anderes“ – es geht um „mehr“. „Ordinary Days“ schaut man nicht einfach an, man „erlebt“ es – im Moment und auf einer Ebene, die sich einfach nicht beschreiben lässt.
Alan Burgon – als Jason – hat eine Stimme, die über die Grenzen des Raumes hinausreicht. Eine Klarheit und ein Volumen – sie trifft direkt ins Herz. Burgon und Kudra Owens bestechen mit ehrlichem, berührendem Schauspiel – Hingabe an die Rolle, für die man sich als Zuschauer eigentlich nur bedanken kann.

Peter Neustifter tut die Rolle des Warren in diesem intimen Musical gut. Das spürt man. Er hat hier endlich einmal die Möglichkeit bekommen, sich zu entfalten und es gelingt ihm. Ab und zu sind noch ein paar Unsicherheiten spürbar, aber mit der Zeit werden auch die verschwinden. An seiner Seite spielt Sarah Est eine neurotische Studentin, die gerne ihre Schnute verzieht und deren Temperament ständig am Übersprudeln ist. Vielleicht hie und da etwas übertrieben, aber meistens sympathisch und cute. Est hat außerdem ein sehr gutes Gespür für „comic timing“ – grandios: „Dear Professor Thompson“.
„Ordinary Days“ vom Vienna Theatre Project ist ein Musical-Schatz, den man sich unbedingt anschauen sollte. Es ist ein „anderes“ Musical, through-sung und in einem „Flutsch“ – ein Theaterabend der Extraklasse.

Halb leer war der Theatersaal in der Drachengasse gestern – was für eine Schande. Auch wenn man immer (meistens) spielt, um wenigstens einen Zuschauer zu erreichen, zu berühren – und das gelingt hier unumstritten – so wäre es doch schön, wenn „Ordinary Days“ mit vielen „geteilt“ werden könnte. Wenn ihr euch also etwas Gutes tun möchtet, dann nehmt Freunde und Familie und macht euch bis zum 13. Oktober auf in die Drachengasse – ihr werdet es nicht bereuen!

Links:

Donnerstag, 27. September 2012

Elisabeth - take #2


Jetzt spielen sich schön langsam ein paar Zweitbesetzungen ein und das heißt es wird spannend…so far so good, meine ich, und warte mit Vorfreude auf den Oktober, um Riccardo Greco als Lucheni zu sehen... Ein paar Notizen am Rande:

-         Dean Welterlen ist der bessere Herzog Max, irgendwie väterlicher, liebevoller. Akzent hin oder her, wenn’s gesanglich und schauspielerisch passt, wird er egal. Christian Peter Hauser legt die Rolle so steif an und zeigt wenig Emotionen, leider langweilig.

-         Jörn-Felix Alt schlägt sich tapfer als Franz Joseph, leider wird die Rolle aber wieder zur Nebenrolle – Hartenstein zeigt da viel mehr und füllt die Rolle besser. Für das erste Mal, war es aber gar nicht schlecht, etwas mehr Liebe könnte er Sisi aber schon entgegen bringen.

-          „Elisabeth 2012“ wirkt besser, wenn man es sich aus dem ersten Rang anschaut. Distanz, leicht von oben, die Bühne wirkt voller, der Raum scheint besser ausgefüllt zu sein. Meine Empfehlung.

-          Kurosch Abbasi bessert sich mit jedem Mal – grundsätzlich macht er vieles richtig, ein Quäntchen mehr Mut und „Dirt“ würde nicht schaden, außerdem könnte ihm die Tontechnik ein wenig entgegenkommen und sein Mikroport einfach etwas lauter aufdrehen…

-          Annemieke van Dam, Anton Zetterholm, Franziskus Hartenstein und Daniela Ziegler – fantastisch, wie gehabt!  

…und jetzt noch zum Tod…

-          Oliver Arno. Ehrlich: er liegt mir mehr als Tod. Klar, Mark Seibert ist eine Erscheinung. Er kommt auf die Bühne und „Wham!!“ – soll heißen: „Schaut her, hier bin ich“ und „Alle Blicke auf mich“. Oliver Arno ist da nicht so. Er ist kein „Wham!!“ ABER er bietet mehr. Viel mehr. Mit ihm als Tod wird „Elisabeth“ wieder zu einer Liebesgeschichte, man spürt ein Kribbeln. Wenn er singt „Doch es stimmt: Ich habe sie geliebt“ kauft man es ihm auch ab und das hält er die ganze Zeit aufrecht. Man spürt endlich wieder Sehnsucht, er und van Dam begegnen sich auf einer Ebene und es entsteht zwischen ihnen Gefühl, darum geht es doch, oder? Arno spielt den Tod wesentlich nuancenreicher, menschlicher. Er wagt sich tiefer hinein. Subtil, mit Fingerspitzengefühl. Etwas sicherer könnte er noch werden – u.a. beim von der Kutsche herabsteigen. Stimmlich bleibt er sehr offen, er macht sein eigenes Ding, es ist kein Abklatsch, es ist frisch. „Kein Kommen ohne Gehen“ ist er besser gewachsen als Seibert – obwohl das wohl für alle eine Herausforderung darstellt, seltsam…mal schau‘n was Rory Six daraus macht und was Mark Seibert vielleicht noch aus dem Ärmel zieht?!

 

Donnerstag, 20. September 2012

take a look...


...ein neuer Backstage-Bericht zur "Les Misérables"-Filmversion. Ein Blick hinter die Kulissen mit viel Emotion, der einen mit großer Hoffnung zurücklässt, das der Musicalfilm hier einen Höhepunkt erreichen könnte, seht selbst:


Montag, 10. September 2012

Confessions of a „Musicalstar“...

…oder einem, der unter diesem Titel für kurze Zeit geführt wurde. Vincent Bueno war Gewinner des österreichischen Versuchs eine Musical-Castingshow zu veranstalten. Was in der Show für Fehler gemacht wurden – warum singt eine Frau „Joseph“ und ein Mann „Mary Poppins“? – soll hier aber nicht Thema sein. Was wurde also aus dem Gewinner von „Musical – Die Show“?

Wird man Erster bei einer Fernsehshow muss das nicht gleich das große Glück bedeuten, wahrscheinlich ist es oftmals sogar besser nicht den großen Preis abzuräumen, auch wenn Glanz und Gloria auf einen zu warten scheinen und das Preisgeld auch nicht ohne ist.
Das erste Video auf seinem neuen YouTube-Channel zeigt Vincent Bueno von seiner persönlichen Seite, er geht genau auf diesen Gewinn ein und erzählt kurz, aber ehrlich, davon wie sich das für ihn angefühlt hat. Lässt man die merkwürdigen Schnitte und Locationwechsel mal außer Acht, so bekommt man doch einen sehr guten Eindruck davon, wie es damals gewesen sein muss.

Räumt man den großen Preis ab, warten zunächst Ruhm und Rummel. Schnell nimmt man an Fahrt auf und beginnt in die Höhe zu steigen, bis man entweder lernt damit irgendwie vernünftig und realistisch mit dem umzugehen, im Burnout versinkt oder plötzlich hart und schmerzhaft am Boden der Tatsachen aufschlägt. Wenn man da unten angekommen ist, hilft einem keiner auf. Weit und breit findet man keine Hilfe, auch die Unterstützung von Familie und Freunden nimmt einem nicht die Leere, die man fühlen muss, ist man einmal so vor den Kopf gestoßen worden. Es ist ein Kampf und es bleibt einer.
Nun, die Kunst besteht darin einmal mehr aufzustehen, als man hingefallen ist – und das hat Vincent Bueno geschafft. Ob man es glaubt oder nicht, so ein Aufprall bedeutet immer auch eine Chance. Will man weitermachen, bleibt einem nichts anderes übrig als sich mit dem Leben und vor allem mit sich selbst auseinanderzusetzen, z.B. in dem man neue Wege sucht und neue Wagnisse eingeht.

Vincent Bueno macht also weiterhin Musik in Österreich und auf den Philippinen oder sonst wo – und zwar nicht (nur) Musical. Er schreibt und singt was aus ihm herausfließt. Man kann also meinen, dass „Musical – Die Show“ samt Höhenflug und Tiefensturz eine lehrreiche Zeit, eine Lektion, gewesen ist, es scheint zumindest so. Womöglich war es sogar ein wesentlicher Schritt zur Selbstfindung und eben auch ein Schritt hin zur Befreiung des inneren Künstlers. Wen’s interessiert, der kann ja mal „reintunen“ in den neuen Channel – und zwar HIER.

Samstag, 8. September 2012

Gustav Klimt - Das Musical im Künstlerhaus


„Klimt“ gefällt. Es ist ein rundes und durch und durch österreichisches Musical, das einen schönen Theaterabend beschert. Jegliche Befürchtungen es könnte so „schlimm“ wie bei „Egon Schiele - Das Musical“ werden, habe ich schon nach den ersten Minuten verworfen, denn was „Schiele“ nicht hatte, ist ein Schauspieler, der es schafft das Stück zu tragen und die Rolle des Protagonisten auszufüllen. André Bauer spielt Gustav Klimt so wie man ihn sich vorstellt, wenn man sich ein wenig mit dieser Person auseinandergesetzt hat. Hier lässt ihm auch das gelungene Buch nicht im Stich, das Klimt als Künstler mit vielen Facetten porträtiert.

Gustav Klimt wirkt trotz seiner „Weiberg’schichten“ und seinen egomanischen Tendenzen (wer nennt mehrere seiner Söhne - von verschiedenen Frauen -  nach einem selbst?) nie unsympathisch, im Gegenteil, denn André Bauer versteht es Balance zu halten und Klimt als Mensch mit Fehlern, mit Höhen und Tiefen, darzustellen. Bauer verliert nie an Präsenz und trägt das Stück bis zum Schluss.
An seiner Seite spielt Sabine Neibersch die Emilie Flöge. Beiden gelingt es hier eine Beziehung aufzubauen, die nicht nur an der Oberfläche kratzt, sondern wesentlich tiefer geht. So tief wie die Verbindung von Gustav und Emilie wohl gewesen sein muss. Vielleicht sogar eine Seelenverwandtschaft, die viel stärker war als jede sexuelle Begierde, die Klimt bei anderen Frauen ausgelebt hat.

Neibersch performt mit viel Elan und auch sie ist Sympathieträgerin. Dazwischen steht Klimts „Genius“. Eine Figur, die man nicht ganz einordnen kann, aber vielleicht ist genau das die Intention. Ist sie die Leidenschaft? Also nicht nur die Kunst, das Genie, sondern auch die Erotik? Hier hat der Zuschauer die Möglichkeit seine eigene Interpretation zu finden – warum auch nicht? Es muss einem ja nicht immer alles aufs Auge gedrückt werden. Linda Geider macht ihre Sache als Genius jedenfalls großartig. Sie zieht nicht nur Klimt in ihren Bann.
Auch das übrige Ensemble muss erwähnt werden, denn die Gesamtleistung in „Gustav Klimt – Das Musical“ ist überaus gut und sehr harmonisch. Alle Darsteller bringen Leben in ihre Rollen – das merkt man u.a. an ausgefeilter Mimik und Körpersprache. Jeder scheint mit Begeisterung bei der Sache zu sein und das ist schön zu sehen.

Lucius Wolter versteht es Franz Matsch vom Freund bis zum Neider gekonnt zu interpretieren, Regina Mallinger und Anna Carina Buchegger begeistern mit Stimme, Gefühl und Ausstrahlung. Georg Prohazka wirkt wie ein geborener Comedian und spielt Klimts Bruder Ernst mit viel Charme. Harald Tauber spricht und singt mit herrlichem Dialekt und gibt einen alten Tattergreis mit Leib und Seele. Nicholas Boris Christahl und Markus Hareter spielen mit Esprit und sorgen für komische Momente. Und auch Bettina Soriat, Daniela Lehner und Dennis Kozeluh geben in ihren Rollen ihr Bestes. Es ist ein Ensemble, das in seiner Gesamtheit besticht und das Musical erst zu dem macht, was es sein kann.
Hie und da gibt es (noch) Schnitzer: ab und zu klingt ein Lied wie ein schlechter Schlager, was aber weniger an der Musik als an den oft einfallslosen Lyrics liegt, und ein, zwei Songs hätte man einfach weglassen können, ganz einfach weil man sie nicht braucht (z.B. „Wir können es besser“). Die Musik von Gerald Gratzer kann sich aber hören lassen – es finden sich einige schöne Nummern, wie z.B. „So zu lieben“, „Oben ganz oben“ (abgesehen von deren Inszenierung) und „Nur bei dir“. Das Buch (Sissi Gruber, Birgit Nawrata, Niki Neuspiel) ist gelungen, auch wenn es etwas zu lang ist und die letzten Jahre nur mehr im wirren Zeitraffer vorbeiziehen. Das Ende wurde genau getroffen, der „Kuss“ – einfach, knapp und emotional. Die Dialoge wirken längst nicht so steif und unwirklich wie in „Schiele“, sondern funktionieren meistens hervorragend. Der wienerische Touch in der Sprache der Darsteller wirkt nicht aufgesetzt, eher authentisch, und liegt angenehm im Ohr. Beeindruckend sind auch die Videoprojektionen (Norbert Wuchte) und die kreativen Kostüme (Uschi Heinzl), vor allem von Emilie Flöge und Genius.

Dean Welterlen hat diesmal ein Händchen für Regie beweisen können, die Choreografie von Cedric Lee Bradley ist zwar nicht mehr als nett, findet aber im „Genius“ ihre Entfaltungsmöglichkeit.
Alles in allem ein schönes Werk, das sich sehen lassen kann. Es ist ein österreichisches Musical mit Potential und schon alleine das gehört gewürdigt und unterstützt. Bis 7. Oktober wird noch das Künstlerhaus – der ideale Ort für ein Musical wie dieses – mit „Gustav Klimt – Das Musical“ bespielt, also: hingehen und anschauen. Wo kann man sich sonst einen Teil von Klimts Geschichte auf so vergnügliche Art und Weise aneignen? Zum Klimt Jubiläum fast schon Pflichterfüllung.

Links:

*Photo Copyright Newplay Entertainment via

Mittwoch, 5. September 2012

Raimund Theater: Elisabeth - Vorpremiere


Lassen wir die Diskussionen über die „Rückkehr“ von Elisabeth nach Wien (war’s überhaupt weg?) und über die „Übernahme“ der Tour-Cast einmal außer Acht; versuchen wir auch darüber hinwegzusehen, dass in der gestrigen Vorpremiere irgendwie der Wurm drinnen war und widmen wir uns der „Jubiläumsfassung“ von Elisabeth einmal ohne dem allen – probieren wir es zumindest.
Elisabeth 2012“ fühlt sich an, als hätte man versucht eine alte Silberschale zu polieren, um aber dann nach all dem Putzen und Wischen festzustellen, dass einem die Silberschale angelaufen doch besser gefallen hat. Der alte Schleier, der sich über das Stück gelegt hatte, wurde nun entfernt und was zum Vorschein kommt ist gewöhnungsbedürftig.

Die Vorpremiere beginnt und von Anfang an fühlt sich irgendetwas nicht ganz richtig an, vielleicht musste ich mich auch erst einmal an die neue Location gewöhnen, denn das Raimund Theater kam mir noch nie so klein vor. Das Musical konnte und wollte sich nicht so recht entfalten, ob da allein die Größe der Bühne ausschlaggebend war, ist sehr fraglich.
Der erste Akt wirkt wie eine Nummernrevue, die Songs und Szenen erscheinen aneinandergereiht, aber nicht zusammenhängend.  Warum aber? Man sitzt im Publikum und kann es nicht ganz verstehen. Liegt es an Lucheni? Kurosch Abbasi spielt und sing gut, aber ihm fehlt der Biss, das „Einnehmende“. Luigi Lucheni ist das Verbindungsglied zum Publikum und man sollte ihn im selben Moment lieben und hassen können und ihm immer folgen wollen. In dieser Rolle muss man bereit sein zu outrieren was das Zeug hält, erst dann wird sie „griffig“. Doch gestern wollte sich das partout nicht einstellen. Abbasi wurde ständig überschattet, war nicht präsent, nicht stark genug. Vielleicht muss sich das erst einspielen bzw. er sich erst einspielen. Wie es funktionieren würde, sieht man leider erst im Schlussapplaus – zu spät.

Neben dem Gefühl hier einer Revue beizuwohnen entsteht auch das Gefühl einer Parodie. Nehmen wir z.B. „Jedem gibt er das Seine“. Sei es nun der Kardinal Erzbischof oder welcher Graf auch immer, sie alle sprechen ihre Sätze mit Ironie und ohne jeglichen Ernst. Alles wirkt wie eine Karikatur. Die Choreografie von Dennis Callahan ist aber Karikatur genug, mehr braucht es nicht. Es wirkt als hätte man die ironische Kommentarfunktion von Lucheni abgezogen und sie in unpassender Weise nach Belieben hineininszeniert. Gerade in dieser Szene wird wenig transportiert, auch wenn Daniela Ziegler und Franziskus Hartenstein alles in ihre Rollen legen.
Hartenstein ist ein sehr überzeugender Franz Joseph, der dem Kaiser viele neue Schichten verleiht und der Rolle Leben einhaucht. Er versteht es stets Balance zu halten – sei es nun zwischen Herrscher und verliebten Mann oder Sohn, Ehemann und Vater. Eine grandiose Leistung für einen so jungen Darsteller!

Auch Daniela Ziegler als Sophie überzeugt in ihren Szenen, ebenso wie Carin Filipcic, die als Herzogin Ludovika und Frau Wolf, wie gewohnt, souverän performt.
Den ersten schönen Moment findet das Musical in „Ich gehör nur mir“, in einer wunderschönen Interpretation der Hauptdarstellerin Annemieke van Dam. Hier kommt das Stück erstmals zu einem Halt und man kann für einen Moment die Kuriositäten des Anfangs vergessen.

Van Dam spielt Elisabeth mit Hingabe - nuanciert, glaubwürdig und mit viel Pathos. Eigentlich bildet Elisabeth mit Tod und Lucheni eine Art Triangel, doch in der Jubiläumsfassung steht sie alleine da und lässt die beiden anderen Gestalten hinter sich. Eine eigenartige Wendung, die durch die Darstellung von Mark Seibert als Tod noch verstärkt wird. Er spielt einen majestätischen Tod, einen erhabenen Tod mit pubertären Zügen, die ab und zu unerwartet ihren Weg nach draußen finden. Aber obwohl Seibert wie ein geborener Verführer wirkt, will sich die Anziehung zwischen ihm und Elisabeth den ganzen Theaterabend einfach nicht einstellen. Auch Annemieke van Dam spielt diese Ebene kaum an - ihre Todessehnsucht kommt nicht immer klar heraus. Erst gegen Ende des Stückes habe ich zu einer Neuinterpretation der Rolle des Todes gefunden, doch ob das intendiert war? Eher unwahrscheinlich. Eigentlich ist es ja die Grundidee des Musicals, der Kaiserin den Tod als Liebhaber gegenüberzustellen; hier aber bespielt der Tod eher seine Liebe zum Töten als die Liebe zur Kaiserin. Elisabeth nimmt keine Sonderstellung ein. Seine Eifersucht und Wut ergründen sich nur daraus, dass er nicht bekommt, was er will. Dann das Paradoxon: Zwischen Rudolf und dem Tod herrscht in „Die Schatten werden länger“ mehr erotische Spannung als zwischen Elisabeth und ihrem sog. „Liebhaber“. Hier sprühen die Funken, die man sich eigentlich woanders vorgestellt hat und die Luft elektrisiert sich, wie an keiner anderen Stelle.
Nach der Pause nimmt das Stück dann generell an Fahrt auf und findet seinen emotionalen Höhepunkt - man glaubt es kaum - in „Wenn ich dein Spiegel wär‘“. Anton Zetterholm brilliert als Rudolf. Er kommt mit einer inneren Spannung auf die Bühne, die Ihresgleichen sucht, und spielt seine Rolle mit jeder Faser seines Ichs. Das ist Schauspiel. Durch seine wunderschöne Stimme transportiert er jedes noch so kleine Gefühl und schafft es tief zu berühren.

Ich verzichte darauf auf die „Modernisierung“ mit all ihren Änderungen näher einzugehen, da soll sich jeder seine eigene Meinung bilden. Zwar trauere ich ein wenig um das Autodrom, doch ob die Todesengel nun schwarze Haare haben oder nicht ist ziemlich egal. Die neuen Kostüme (Yan Tax) gefallen, sie wirken frisch und lebendig. Bei den Projektionen hat man sich hie und da vielleicht ein wenig zu viel einfallen lassen, einiges wirkt einfach nur aus dem Prinzip „modernisiert“, dem Publikum etwas Neues zu bieten. Ein Eismeer bei Rudolfs Selbstmord in Mayerling ist – auch wenn es seiner Gefühlslage entspricht – doch etwas kurios. Die „größte“ Änderung ist vielleicht die Integration von „Kein Kommen ohne Gehen“ nach Sisis Sturz in Possenhofen. Ein schöner Song, der dem Tod die Chance gibt etwas „menschlicher“ zu wirken und auch diese Seite auszuspielen – leider war hier aber die Luft draußen und weder Lied noch Stimmung hatten Raum sich zu entfalten, zumindest gestern.
„Elisabeth“ ist trotzdem immer noch ein wirklich gutes Musical, das vor allem durch die tolle Musik von Sylvester Levay besticht. Jetzt darf man gespannt sein, was die Kritiker dazu sagen, wie sich die Inszenierung (Regie: Harry Kupfer) in den nächsten Wochen weiterentwickelt und wie die Zweitbesetzungen in ihren Rollen überzeugen. Besonders freue ich mich auf Riccardo Greco als Lucheni und Dagmar Hellberg als Sophie, aber auch Oliver Arno und Rory Six als Tod könnten interessant sein.


*Image Copyright: VBW/Brinkhoff/Mögenburg via
Link:

- Elisabeth Vorpremiere auf Kultur-Channel

 

Dienstag, 28. August 2012

DVD: Memphis


Kaufen? Ja, unbedingt. – Warum? Kommt jetzt:
Memphis (2010 ausgezeichnet mit  4 Tony Awards) ist – für mich – eines der besten Musicals der letzten Jahre und das stand schon fest als ich zum ersten Mal die CD aufgelegt habe. Was einem da entgegendröhnt ist Spirit, Leidenschaft, Gefühl und vor allem „music of  the soul“. Man schwingt mit, schnippt mit, groovt mit, will einfach nur mittanzen und mitsingen und am besten ASAP die Show live erleben, um dieses Allround-Feeling ganz in sich aufzunehmen.

Leider spielt sich das dann aber doch nicht immer und man sitzt nicht im nächsten Flieger nach New York. So wartet man also auf eine Gelegenheit das Musical vielleicht demnächst in London zu sehen…doch dann kommt doch alles ein wenig anders als gedacht und die Produzenten entscheiden sich schon vorher für eine DVD-Veröffentlichung von „Memphis“. Ein eher ungewöhnlicher Schritt aber ein großer.
Man mag zu Theater „auf Band“ stehen wie man möchte – es ist einfach nicht möglich einen Theaterabend auf DVD zu pressen, das fängt von den Vibes des Publikums an und hört bei der Verbindung zwischen Darsteller und Zuschauer auf. Es ist nicht dasselbe, aber es kann ab und zu doch gelingen einiges festzuhalten, ohne dass es verloren geht.

Gerade bei „Memphis“ denkt man, es sei unmöglich diesen „Spirit“ der Show irgendwie und irgendwo festzumachen, doch es funktioniert auf wundersame Weise doch, denn obwohl ich die Show noch nicht live erlebt habe, hat mich die Aufzeichnung mitgerissen als würde ich im Publikum gesessen – man lacht, denn die Pointen kommen spritzig daher – nicht aufgelegt oder erwartet – im nächsten Moment weint man Tränen  der Rührung oder vor Traurigkeit oder lässt sich einfach nur von der Musik, dem Rhythm and Blues, „beseelen“.
Die Musiknummern sind meistens diegetisch, übernehmen aber oft  eine doppelte Funktion, in dem sie die Handlung vorantreiben oder Gefühle verstärken. Die Story spinnt ihren Weg immer fort, bleibt mitreißend und ergreifend, auch wenn dazwischen plötzlich abgebrochen wird und es woanders weitergeht – sowohl vom Buch (Joe DiPietro), als auch von Regie (Christopher Ashley) und Bühnentechnik genial gelöst.  

Gleich zu Beginn wird man mit dem Protagonisten Huey Calhoun (grandios: Chad Kimball) vertraut gemacht, einen Knallkopf der Sonderklasse, den man zunächst gar nicht einschätzen kann. Ist sein „Gehabe“ aufgesetzt oder ist es doch echt? Man lässt sich also darauf ein, um nach kurzer Zeit festzustellen: ja, der ist wirklich so verrückt - knausrig, genial, furchtlos, mutig, naiv – rundum „anders“.
Huey und seiner Leidenschaft – der „race“-Musik – folgt man durch Höhen und Tiefen, vom Beginn bis zum Bruch seiner Karriere, durch Black-and-White Thematiken, Alkohol- und Beziehungsprobleme und vieles andere.  Themen, die nicht nur im Memphis der 50ern vertreten sind, sondern die teilweise aktueller nicht sein könnten. Keine der angesprochenen Thematiken – sei es nun im Text oder Subtext – drängt sich auf, sondern ergibt sich einfach. Keine wird bis zum „Gehtnichtmehr“ ausgeschlachtet, sondern meist nur so viel von ihr gezeigt, dass der Zuschauer versteht und fühlt, vieles jedoch ihm selbst überlassen bleibt – ein herrliches Spiel und eine Methode die ins Mark fährt.

Dazwischen gibt es einige krasse Zeitsprünge, die die Story vorantreiben. Die Szenen gehen jedoch so smooth ineinander über, dass die Brüche keinerlei Probleme machen und man immer mitkommt und leicht folgen kann – alles bleibt nachvollziehbar.
„Memphis“ ist ein Gesamtkunstwerk, aber auch ein Musical aus „Momenten“. Momente, die einen nicht mehr loslassen, die einen so mitnehmen, dass man auch nachher noch an sie denkt. Wenn z.B. Gator  (Derrick Baskin), ein stummer Kellner, plötzlich wieder zu sprechen (und singen) beginnt, wenn Huey sich zum ersten Mal als Entertainer profiliert und damit den Vogel abschießt, wenn Huey und Felicia (einfach nur großartig: Montego Glover) sich verlieben, sie auseinanderdriften und sich schließlich wiedersehen…so vieles geht tief und bleibt als emotionale Erinnerung lange erhalten.

Es ist eine „reife“ Geschichte, die kein nullachtfünfzehn Happy End nötig hat – das Gewöhnliche lässt man hinter sich, denn es geht hier mehr als um eine klassische „Romeo und Julia“-Storyline. Es ist eine Love-Story mit der Musik, mit seiner Heimat und mit dem Leben.
Um es mit den Worten des “Memphis”-Komponisten, David Bryan (Bon Jovi), zu sagen:  “It celebrates what brings us together as people not what separates us.”


Special Features:
-          Who’s Who

-          Behind The Scenes: How Memphis Was Captured

Running Time: ca. 131 Minuten

Memphis DVD zu bestellen u.a. bei:
-          Dresscircle
-          Sound of Music
 



Links:

*Photo by Joan Marcus via



Sonntag, 12. August 2012

Titanic - Felsenbühne Staatz


Mein neues Lieblingsmusical ist „Titanic“ nicht. Die CD habe ich schon etwas länger im Regal stehen, aber wirklich oft gehört habe ich sie nicht – irgendwie greift da bei mir wenig. Die großen Ensemblenummern sind toll, wiederholen sich aber, die Schnulzsongs dazwischen, teilweise viel zu kitschig. Wie dieses Musical 1997 fünf Tony Awards (u.a. Best Musical) gewinnen konnte bleibt mir ein Rätsel!

Dennoch bin ich froh, dass ich diesen Sommer die Möglichkeit hatte „Titanic“ live in Staatz zu sehen. Das Bühnenbild ist imposant und die Felsenbühne ideal für den Schauplatz des Stücks. Sogar einen „realen“ Eisberg sieht man da vor sich.
Genau hundert Jahre nach dem schrecklichen Unglück der „unsinkbaren Stadt auf dem Meer“ ist die Geschichte immer noch tragisch und aktuell – das klar zu machen, schafft das Musical allerdings. Viel mehr nicht, aber vielleicht war genau das die einzige Intention.

Tiefgang sucht man vergebens, keiner der Charaktere hat die Chance wirklich hervorzutreten, „mehrdimensional“ zu werden. Nur die „Titanic“ selbst ist wirklicher Protagonist - sie ist Schauplatz, Hauptdarstellerin, Zentrum.
In Staatz setzt man wie eh und je auf junge Musicalstudenten und –absolventen. Hier kann man sehen, was die Zukunft bringt. In diesem Musical ist das aber leider etwas schwer, denn die Figuren lassen nicht viel Raum, allerdings müssen einige Herausforderungen bewältigt werden:  

-       Was die Menschen in diesem Musical angeht, kommt leider vieles zu kurz. Als Darsteller muss ich mit dem Wenigen arbeiten, das mir hier zur Verfügung steht und meinen Charakter in wenigen Worten, Gesten, etc. bestmöglich herausarbeiten

-        Dann kommt der Faktor der Freilichtbühne hinzu, die Zuschauer sind alle weit weg. Mimik und Ausdruck in Augen etc. hat also wenig bis keine Wirkung – heißt: ich muss alles über meine Stimme und die Bewegung erzählen.
Einige meistern diese Herausforderungen, werden aber trotzdem immer wieder vom Stück erdrückt – ich empfinde es jedenfalls so. Mir fehlt der Raum für die Charaktere, mir fehlen die Menschen. Vielleicht ist es aber einfach nur nicht „my kind of musical“.

Die Tragödie wird erzählt, dazwischen erfährt man etwas über die unterschiedlichen Passagiere der Titanic, gerade so viel um am Ende betroffen zu sein. Das gelingt auch in Staatz. Die Stage- und Toneffekte sind perfekt eingesetzt, um den Untergang des Schiffs direkt vor sich miterleben zu können. Am Ende: Lichterkreuze für die Opfer – ein wunderschönes Bild.
Wenn man sich wenigstens mehr auf die paar Charaktere konzentriert hätte, die am „zuänglichsten“ erscheinen, weil man sich mit ihnen identifizieren könnte. Ob dann die meisten anderen nur „angeschnitten“ werden, wäre dann wahrscheinlich egal. Gerade Offizier Murdoch, Funker Bride, Heizer Barrett und dritte Klasse Passagier Kate (u.a.) hätten etwas mehr „Ausarbeitung“ vertragen – das sind (für mich) die Charaktere, die mich noch mehr in die Geschichte ziehen würden.

Johannes Nepomuk, Oliver Liebl, Philipp Büttner und Caroline Zins schaffen es jedoch diese Charaktere zum Leben zu erwecken, und zwar so, dass man gerne mehr von ihnen erfahren würde – doch leider steht ihnen da das Stück selbst im Weg.
Die Lacher hat Tanja Petrasek auf ihrer Seite. Als Alice Beane, Passagierin der 2. Klasse, die sich gern unter die Reichen und Schönen mischt, oder diese zumindest mit einem Fernglas leidenschaftlich gerne beobachtet. Mit ihrem „gschaftigen“ Gang und ihrer Körpersprache positioniert sie ihre Figur gleich von Anfang an perfekt. Rupert Preißler steht ihr als Ehemann Edgar zur Seite und auch er vermag es seinen Charakter bestmöglich darzustellen. Man kauft ihm ab, dass er seine Frau sehr liebt – auch wenn sie unglaublich anstrengend ist und ihm sicher oft auf die Nerven geht. Beide harmonieren sehr gut miteinander, es ist eine Freude ihnen zuzusehen!

Michael Konicek, Manuel Heuser, Philipp Dürnberger, Steven Klopp, Alixa Kalaß, Angelina Nigischer-Traxler und Nico Schweers spielen ebenfalls mit Pathos, stoßen aber immer wieder an die Grenzen des Stücks, das einfach nicht mehr zulässt.
Auch Werner Auer als Schiffsarchitekt Andrews und C.A. Fath als Kapitän machen sich ebenfalls gut in ihren Rollen, beide sind sehr präsent.

Was leider das Gesamtbild stört – wenn man jetzt ins Detail geht: der aufgemalte six pack von Barrett (wenn schon gemalt, dann etwas naturalistischer bitte!), die Perücken der irischen Frauen – Caroline Zins, Alexandra Kloiber und Karolin Konert mussten mit roten Perücken herumlaufen, die einfach nur „aufgesetzt" und falsch wirken (nicht alle Iren haben rote Haare, da hätte man ruhig die Darstellerinnen mit ihrer natürlichen Haarpracht spielen lassen sollen) und die „schwangere“ 1. Klasse-Passagierin, die Champagner ohne Ende säuft und das Tanzbein in die Lüfte schwingt – wenn das bewusst so inszeniert wurde, kommt der Joke nicht bei mir an (da hätte mir die gezwungenermaßen trockene, beim Tanzen einfach nicht mehr mitkommende Schwangere besser gefallen – auch das kann man lustig in Szene setzen…).
Gestern war Derniere in Staatz und auch sicher wieder bis auf den letzten Platz ausverkauft. Nächstes Jahr ist „Disney’s Die Schöne und das Biest“ dran und ich freue mich darauf!

Nächsten Dienstag gibt es übrigens eine Musical-Gala auf der Felsenbühne. „Musical unter Sternen“, am 14. August, um 20 Uhr. Tickets kosten 27 Euro. Infos HIER.
*Photo by Harald Schillhammer via
Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...